Praxisgebühr Neue "Tatanreize" für Kriminelle

Die zu Jahresbeginn eingeführte Praxisgebühr lockt auch ungebetene Gäste an, die es auf die neuen Bargeldvorräte abgesehen haben. In Nürnberg hat es die bislang größte Serie von neun Praxiseinbrüchen gegeben. Die Polizei rät zur Vorsicht.

Die zu Jahresbeginn eingeführte Praxisgebühr hat den Ärzten nicht nur Ärger mit ihren Patienten eingebracht. Sie lockt auch ungebetene Gäste an, die es auf die neuen Bargeldvorräte abgesehen haben. Während die Polizei bislang keinen signifikanten Anstieg der Praxiseinbrüche erkennt, melden einzelne Kassenärztliche Vereinigungen (KV) Besorgnis erregende Vorkommnisse. Präventionsexperten raten den Medizinern dringend, die Sicherung ihrer Geschäftsräume zu verbessern.

Die bislang größte Serie von neun Praxiseinbrüchen hat es in Nürnberg gegeben, wo die Polizei die Sache allerdings nicht zu hoch hängen will. "Da war ein Einbrecher mal bei den Ärzten unterwegs", sagt Polizeisprecher Peter Grösch. Schließlich habe es schon immer Einbrüche in Praxen gegeben, wo neben Medikamenten, Computern und Rezeptblöcken halt auch die Kaffeekasse immer beliebtes Objekt der Begierde sei. Ähnliches ist aus Polizeidienststellen in Berlin und Nordrhein-Westfalen zu hören, wo es auf dpa-Anfrage meistens hieß: "Alles ganz normal."

Regelmäßig geringe Geldbeträge gestohlen

Einen Zusammenhang zwischen neuen Gebühren und Einbruchserien sehen hingegen die Kassenärztlichen Vereinigungen in Berlin und Schleswig-Holstein. Bei sechs Praxiseinbrüchen seit Jahresbeginn seien im nördlichsten Bundesland regelmäßig geringe Geldbeträge gestohlen worden, berichtet der dortige KV-Sprecher Robert Quentin. "Wir sehen da einen Zusammenhang zur Praxisgebühr."

Auch für Norbert Seitz, Direktor des Deutschen Forums für Kriminalprävention in Bonn, liegt es auf der Hand, dass der bislang ungewohnte Umgang mit Bargeld in den Praxen neue "Tatanreize" schafft. Gerade zu Beginn der Abrechnungsquartale, wenn nahezu jeder Patient seine 10 Euro entrichten muss. Sein wichtigster Ratschlag an die Ärzte und ihr Personal ist es daher, das Geld so schnell wie möglich auf die Bank zu bringen, möglichst zwei Mal am Tag.

Bei der KV Hessen in Frankfurt hat man an die Mitglieder bislang noch keine Warnungen herausgegeben, obwohl einzelne Einbruchsfälle aus allen Landesteilen berichtet werden. Man wolle, so eine Sprecherin, die Täter nicht öffentlich zum Einbruch auffordern. Die Rüsselsheimer Gynäkologin Margita Bert hat sich dennoch schon einen kleinen Tresor zugelegt und nach dem Tipp eines Polizisten für 450 Euro einen stärkeren Riegel an der Praxistür anbringen lassen. "Ich habe eher Angst vor dem Vandalismus als vor dem Verlust einiger Euro", sagt die Frauenärztin, die etliche teure Geräte vorhält.

Keine Belebung des Tresorbauer-Geschäfts

Mit ihrer Vorsorge gehört Bert nach Einschätzung des Tresorbauers Sven Gümbel aus Siegbach am Fuße des Westerwalds aber zu den Ausnahmen innerhalb ihres Berufsstandes. Wie die Konkurrenz hat er auf eine Belebung des Geschäfts gehofft, doch bislang sei aus den vielen Anfragen noch kein lohnendes Geschäft entstanden. "Die meisten Ärzte sind der Meinung, dass auch eine abgeschlossene Schublade reicht oder die Gebühr doch noch gekippt wird." Für die Vorsichtigen hat er ein Tischmodell mit Schlitz im Angebot, in das die 10-Euro- Scheine gesteckt werden können, ohne die Box jedes Mal zu öffnen.

Am sichersten, so meint der Präventionsexperte Michael Blach vom Hessischen Landeskriminalamt, kann man sich nach einer individuellen Risikoanalyse durch die örtliche Polizei sein. Kostenlos prüfen die Beamten das jeweilige Objekt sicherheitstechnisch auf Herz und Nieren, um anschließend ihre Tipps abzugeben. "Da kann im Extremfall auch eine mit der Wache verbundene Überfallmeldeanlage dabei sein", sagt Blach. In aller Regel reichten aber vernünftige Schlösser und Beschläge an Fenster und Türen sowie ein kleiner Tresor.

DPA
Christian Ebner

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