Eine 27-jährige Frau aus Sachsen-Anhalt hat gestanden, ihre Tochter wenige Stunden nach der Geburt getötet zu haben. "Ja es war so", sagte sie zum Prozessauftakt vor dem Landgericht in Dessau-Roßlau. Die Staatsanwaltschaft wirft der Arbeitslosen aus Sandersdorf im Landkreis Bitterfeld Mord aus niedrigen Beweggründen vor. Sie habe aus selbstsüchtiger Gesinnung gehandelt, damit ihr keine Nachteile für die eigene Lebensführung entstünden, erklärte Oberstaatsanwalt Christian Preissner.
Kinderleiche im Müllsack entsorgt
Laut Anklage soll die alleinstehende Mutter einer weiteren fünfjährigen Tochter am 28. Februar das Kind in ihrer Wohnung entbunden und es einige Zeit später mit dem Gesicht so lange gegen ihren Oberkörper gedrückt haben, bis es keine Lebenszeichen mehr von sich gab. Der Vorsitzende Richter Manfred Steinhoff fragte die Angeklagte immer wieder nach den Motiven der Tat. Schließlich gehe es in dem Prozess um die Frage, ob die Tat Mord oder Totschlag gewesen sei. Weil die Frau nur bruchstückhaft und unter Tränen antwortete, half der psychiatrische Sachverständige, dem sie in den Voruntersuchungen bereits ein umfassendes Geständnis abgegeben hatte.
Danach wurde die Angeklagte nach einem kurzen Verhältnis mit einem verheirateten Mann ungewollt schwanger. Die Schwangerschaft hielt sie laut Gutachter geheim und verdrängte sie. Als der Tag der Entbindung gekommen sei, mit dem sie erst für April gerechnet habe, habe sie das Kind zu Hause in der Wanne zur Welt gebracht, in ein Tuch gewickelt und es auf den Boden des Bades gelegt. Danach folgte ein "innerer Kampf", wie der Gutachter Andreas Marneros sagte.
"Innerer Kampf" dauerte vier Stunden
Über vier Stunden sei es darum gegangen, das Kind zu behalten oder nicht, das Kind zu töten oder nicht. Die Frau habe zwar keine Vorbereitungen für das Baby getroffen. Auf der anderen Seite habe sie von der ersten Tochter Bett und andere Sachen für das Kind gehabt. Dennoch habe sich die Angeklagte für die Tötung entschieden. Sie habe "bewusst gehandelt, aber mechanisch". Nachdem die Frau das Kind tötete, steckte sie es in einen Müllsack und brachte es in das nahegelegene Strandbad Sandersdorf. Dort fanden Spaziergänger am 11. März die Leiche.
Zehn Tage später stellte sich die Angeklagte bei der Polizei. Seit dem 21. März befindet sie sich in Untersuchungshaft. Laut Gutachter war die alleinerziehende Mutter vom schlechten Gewissen geplagt. Die Frau zeige zwar tiefe Reue, sei jedoch voll schuldfähig. Als Tatmotiv gab sie auch vor Gericht die Befürchtung an, dass sie bei der Erziehung des zweiten Kindes nicht mehr von ihrer Mutter unterstützt würde. Angaben zum Vater des toten Kindes wollte die Angeklagte nicht machen. Der Mann sei mindestens zehn Jahre älter und verheiratet. Zudem schäme sie sich vor ihrer Mutter: "Meine Mutter kennt den Mann", erklärte die Frau unter Tränen. Für den Prozess sind zunächst drei Verhandlungstage angesetzt.