Die Richter am Stuttgarter Oberlandesgericht waren sichtlich überrascht. Andrea Klump kündigte an, am letzten Prozesstag vor der Sommerpause eine Erklärung verlesen zu wollen. Und die hatte es in sich: Entgegen ihrer bisherigen Aussagen räumte die 46-Jährige frühere Terroristin der Rote Armee Fraktion (RAF) am Donnerstag ein, von dem Sprengstoffanschlag auf einen Bus mit 31 jüdischen Auswanderern aus der Sowjetunion in Budapest im Jahr 1991 gewusst zu haben. Sechs Menschen waren dabei verletzt worden.
"Mir war klar, dass ich den geplanten Anschlag unterstütze"
Mit gefasster Stimme erklärte sie, ihr damaliger Lebensgefährte Horst Meyer habe sie gefragt, ob sie sich an diesem Attentat beteiligen wollte. Sie habe das abgelehnt, Meyer jedoch logistisch geholfen, indem sie insgesamt sechs Zimmer in Zentrumsnähe angemietet und den Haushalt für ihn geführt habe. "Mir war klar, dass ich damit Horst Meyer und den geplanten Anschlag unterstütze", sagte sie.
In den genauen Zeitpunkt des Vorhabens sei sie jedoch nicht eingeweiht worden. Nach einem Hinweis Meyers sei sie am 21. Dezember, zwei Tage vor dem Attentat, in ihren damaligen Wohnort Belgrad zurückgereist. Bisher hatte sie diesen Termin stets damit begründet, sie habe Weihnachten nicht in einem für sie fremden Land verbringen wollen.
"Ich empfinde heute Scham über mein Verhalten"
Warum sie sich erst so spät zu diesem Teilgeständnis durchgerungen hat, deutete sie in ihrem Schlusssatz nur an: "Für die Entscheidung über diese schriftliche Aussage habe ich Zeit gebraucht". Und sie ließ Reue erkennen: "Auch wenn ich nur am Rande mit dem Sprengstoffanschlag zu tun hatte, empfinde ich heute Scham über mein Verhalten."
Die Verteidigung dürfte mit der Erklärung auf einen Strafnachlass spekulieren. Einen ersten Erfolg konnte sie bereits verbuchen: Die Richter erklärten, dass die 46-Jährige möglicherweise nicht - wie bisher angeklagt - wegen Mordversuchs in 33 Fällen verurteilt werden könnte, sondern nur wegen Beihilfe.
"Man weiß nur so viel, wie man zur eigenen Sicherheit wissen muss"
Im bisherigen Verlauf des seit April andauernden Prozesses hatte Klump stets behauptet, sie habe von dem Attentat nichts gewusst und sei im Dezember nur vier Tage nach Budapest gekommen, um sich mit ihrem Lebensgefährten zu treffen. Dass sie das merkwürdige Verhalten Meyers und dessen häufige Abwesenheit nicht hinterfragt habe, begründete sie mit den Regeln des Verhaltens im Untergrund: "Man weiß nur so viel, wie man zur eigenen Sicherheit wissen muss."
Zu der Tat hatte sich wenige Tage nach dem Anschlag die palästinensische Terror-Organisation "Bewegung für die Befreiung Jerusalems" bekannt. Klump war erst im Jahr 2001 durch eine DNA-Analyse ins Visier der Ermittler geraten. Sie verbüßt derzeit eine neunjährige Haftstrafe wegen Beteiligung an einem versuchten Bomben- Anschlag 1988 auf eine NATO-Einrichtung in Spanien.
Mit dem Teilgeständnis dürfte sie den Weg zu einem schnellen Ende des Prozesses geebnet haben. Beobachter rechnen mit einem Urteil im September oder Oktober.