Stephanie-Peiniger Flucht hält weiter an

Unfassbar! Seit mittlerweile über zwölf Stunden harrt Sexualstraftäter Mario M. auf dem Dach der Justizvollzugsanstalt Dresden aus. Die Polizei ist auf alles vorbereitet.

Der Peiniger der 14-jährigen Stephanie hat mit einer spektakulären Flucht auf ein Gefängnisdach die Polizei einen ganzen Tag lang in Atem gehalten. Der 36-jährige Mario M. kletterte am Mittwoch gegen 07.30 Uhr beim Hofgang im Dresdner Untersuchungsgefängnis die Fassade eines vierstöckigen Gebäudes hoch und harrte meist stehend auf dem Flachdach aus.

Er hatte keine Chance zu fliehen und auch niemanden außer sich gefährdet. Die Situation war auch nach zwölf Stunden am Abend unverändert. Als Konsequenz aus der Panne kündigte der Vater Stephanies an, seine Tochter werde nicht wie geplant am (morgigen) Donnerstag als Zeugin vor Gericht aussagen.

Der Prozess gegen Mario M. wegen Geiselnahme, Vergewaltigung und anderer Verbrechen hatte am Montag vor dem Dresdner Landgericht begonnen. Laut Anklage hatte er die damals 13-Jährige fast fünf Wochen lang gefangen gehalten, mit dem Tod bedroht und missbraucht. Am Mittwoch spurtete er unter den Augen von zwei Bewachern um 07.24 Uhr plötzlich los und hangelte sich ohne Hilfsmittel die Fassade eines Gefängnisgebäudes hoch.

Der Leiter der Justizvollzugsanstalt, Ulrich Schwarzer, sagte, offenbar habe er sich an den Gitterstäben der Fenster festgehalten. Die Beamten hätten ihn nicht mehr zu fassen bekommen. Das Gebäude ist rund zehn Meter von der Begrenzungsmauer des JVA-Geländes entfernt. Schwarzer erwartete, dass Mario M. Forderungen stellen würde.

Polizeisprecher Thomas Herbst sagte,

man habe vereinbart, dazu nichts zu veröffentlichen. Die Polizei schickte Spezialkräfte zum Gefängnis und setzte auch Hubschrauber ein. Vor Ort erschien auch der Verteidiger von Mario M., Andreas Boine. Psychologen des Landeskriminalamts nahmen gegen 10.00 Uhr Kontakt zu dem 36-Jährigen auf. Zwei der Experten fuhren mit einer Hebebühne in seine Nähe und sprachen stundenlang mit Mario M., der fast die ganze Zeit auf dem Dach stand, die Hände in den Hosentaschen.

Herbst sagte, zwar sei eine Aktion zur Überwältigung des Häftlings in Erwägung gezogen worden. Die Polizei strebe aber eine Verhandlungslösung an und versuche, eine Vertrauensbasis zu ihm aufzubauen. M. gefährde nur sich selbst. Für die Polizei bestehe keine Notwendigkeit, ein Risiko einzugehen. Man habe überhaupt keine Eile und werde nur eingreifen, wenn keine Gefahr entstehe. Ein Sprungtuch auszubreiten, sei nicht an allen Stellen des Gebäudes möglich.

Der Sprecher des Justizministeriums, Martin Marx, sagte, M. habe die Aktion sichtlich nicht geplant. Der Angeklagte hatte bereits am Montag zu Beginn des Prozesses vor dem Dresdner Landgericht eine spontane Aktion unternommen. Bei der Anklageverlesung war er plötzlich aufgesprungen und hatte den Anschein erweckt, als wolle er weglaufen. Mehrere Polizisten hatten ihn unter Kontrolle gebracht.

Justizminister Geert Mackenroth räumte ein: "Da ist eine Panne passiert. Das Ergebnis ist nicht schön." Er wisse, dass die Situation auch für Stephanie außerordentlich belastend sei und bedauere das zutiefst. Die notwendigen Vorkehrungen würden getroffen, um mögliche Defizite zu beseitigen. Der Polizei war bereits bei der Suche nach dem Entführer Stephanies Anfang dieses Jahres eine Panne passiert.

Ein Beamter hatte im Polizeilichen

Auskunftssystem nur den Begriff "Sexualstraftäter" eingegeben. Hätte er unter "sexuell motivierter Straftäter" gesucht, wäre er auf Mario M. gestoßen, der wegen Vergewaltigung einer 14-Jährigen im Jahr 1999 vorbestraft ist. Auf Kritik stieß außerdem, dass die Polizei nicht die Wohnungstür aufbrach, um Stephanie zu befreien, sondern einen Schlüsseldienst anforderte, so dass sich die Befreiung verzögerte.

AP/DPA/kbe

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