Mr Winslow, „City in Ruins“ ist der dritte Teil Ihrer berühmten Trilogie. Der Roman spielt in Las Vegas. Die Hauptfigur Danny Ryan kommt aus Providence in Rhode Island und hat in die Mafia eingeheiratet. Sie selbst sind in Providence aufgewachsen. Wie präsent war die Mafia damals in Ihrem Alltag?
Als Kind war es für mich normal, dass an jeder Ecke so ein 19-jähriger Nachwuchs-Mafioso stand. Ich wusste, dass er dafür verantwortlich war, die Straße zu kontrollieren. Diese Kerle haben uns Kindern Geld für Eis oder Comics gegeben. Wir fanden sie also nett. Im Rückblick und mit etwas mehr Reife begreifst du dann, dass diese Kerle auch mitverantwortlich dafür waren, dass anderen Schmerzen zugefügt wurden und dass es Opfer gab. Ich erinnere mich daran, dass ich als Kind Menschen gesehen habe, denen man sichtbar Gewalt angetan hatte. Aber ich hatte als Zehnjähriger natürlich kein Bewusstsein für die Mafia-Strukturen und deren Tragweite.
Wann wurde Ihnen das bewusst?
Als ich im Studium einen Journalismuskurs belegte, in dem wir uns mit einem Buch über die Mafia beschäftigt haben. Ich sah einige der darin abgebildeten Männer und dachte mir: Oh, den kennst du und den auch, bei dem warst du zu Hause und bei dem auch! Es war für mich damals vollkommen natürlich, Kontakt mit solchen Leuten zu haben. Ab und zu spricht mich auch heute noch ein alter Mafia-Gangster an, um mir zu sagen, dass er meine Bücher gelesen hat oder weiß, wer ich bin.