Ganz San Severo ist auf den Beinen, die Menschen drängen zur Via Matteotti. Fahnen werden geschwenkt, lautes Hupen. Italien ist soeben gegen England Fußball-Europameister geworden. Vittoria, Vittoria! Plötzlich Schüsse und Schreie. Neben seinem Motorroller krümmt sich der 42-jährige Matteo Anastasio, er hat drei Kugeln in Hals und Brust. Er stirbt auf dem Weg ins Krankenhaus. Auch sein sechsjähriger Neffe, der hinter seinem Onkel Matteo auf dem Roller sitzt, wird von einer Kugel im Bauch getroffen. Die Täter tragen Motorradhelm und brausen unerkannt auf einem Roller davon.
Das Entsetzen in San Severo ist groß. Nicht über den Mord an Matteo Anastasio. Das kennt man hier. Der Tote ist mehrfach vorbestraft, schon seinen Bruder Giuseppe hatte 2017 eine rivalisierende Bande hingerichtet. Aber der kleine Junge: Selbst in Mafia-Kreisen ist man entrüstet, denn Kinder rührt man nicht an. Zum Glück überlebt er. Als die Polizei nach Augenzeugen sucht, meldet sich niemand, obwohl es zur Tatzeit von Menschen wimmelte. Aber niemand will etwas gesehen haben.