Jahrelang jagte der junge Mann mit seinem Fahrrad durch die Stadt und ihre Straßen. Er sah alles an sich vorbeirauschen, Tag für Tag, den Glanz und den Dreck, die Junkies und die Millionäre, die Tragödien und das Glück, das Leben einer Metropole. Manchmal, wenn etwas plötzlich seine Aufmerksamkeit packte in der Flut an Sinnesreizen, bremste er, nahm die kleine Kamera, die er neben dem Funkgerät in einer Brusttasche trug, und drückte ab. Jake Ricker wollte dabei sein, wenn etwas passierte. Was auch immer passierte.
Ricker, ein Skater-Typ mit blonder Mähne, verwegenen Tattoos an Armen und Beinen und einer trockenen Art zu erzählen, die vielleicht daher kommt, dass er so viel gesehen hat, dass ihn wenig schockieren kann, wuchs in Arizona auf. Das Fotografieren hatte ihn seit der Highschool fasziniert, als ihm sein Onkel eine Pentax K1000 schenkte. Ihm gefiel es, das Leben zu dokumentieren. Die Fotografieschule, die er nach dem Highschool-Abschluss besuchte, hasste er bald, weil er das Gefühl hatte, viel Geld auszugeben und kaum etwas zu lernen. „Ich mag es, unterwegs zu sein und ehrliche Fotos zu machen“, sagt Ricker, 36, heute. Also suchte er einen Job, der ihm beides ermöglichte. Mit 21 Jahren wurde er Fahrradkurier.