Das Werkstattgespräch "Oben wurden schicke Sakkos verkauft, im Tunnel hockten die Abhörspezialisten"

  • von Julia Meyer-Hermann
Karina Urbach sitzt in einem Teil des Spionagetunnels im Berliner Alliiertenmuseum
Im Berliner Alliiertenmuseum ist ein Stück des Spionagetunnels ausgestellt. Die Autorin Karina Urbach hat eine familiäre Nähe zu Spionage
© Norman Konrad - www.normankonrad.de
Karina Urbach über ihren aktuellen Spionagethriller und ihre Kindheit als Tochter eines Geheimagenten.

Frau Urbach, Ihr Kriminalroman "Das Haus am Gordon Place" beschreibt eine unglaubliche Spionage-Story aus dem Wien der Nachkriegszeit: Eine Gruppe britischer Agenten nutzt die Dreharbeiten zum Filmklassiker "Der dritte Mann" als Tarnung, um einen Abhörtunnel unter der sowjetischen Zone zu bauen. Ist da tatsächlich was dran?
Wir wissen mit Sicherheit, dass es drei solcher Abhörtunnel in Wien gab. Einer dieser Tunnel wurde bereits 1948 vom britischen Geheimdienst MI6 gebaut, zeitgleich zum Start der Dreharbeiten. Mehrere Mitglieder der Filmcrew waren Geheimdienst-Mitarbeiter. Der Filmproduzent Alexander Korda leitete schon im Zweiten Weltkrieg für Winston Churchill ein Spionagenetzwerk, Drehbuchautor Graham Greene war ein MI6-Mann. Regisseur Carol Reed hatte für den Geheimdienst Filmmaterial geliefert. Als ich das erfahren habe, gingen bei mir die Alarmglocken los. Ich interviewte Angela Allen, die Scriptgirl bei "Der dritte Mann" war. Sie ist inzwischen 95 Jahre alt und das letzte lebende Mitglied der Filmcrew. Sie meinte: "Ich hatte damals keine Ahnung, aber meine Chefs waren alle Spione."