Für den Mord an fünf Patienten ist eine Berliner Krankenschwester zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Berliner Landgericht verhängte damit die Höchststrafe. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die 55-Jährige die Patienten des Universitätsklinikums Charite mit einer Überdosis Medikamente getötet hat. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Verurteilung wegen sechsfachen Mordes und Mordversuchs in einem Fall verlangt. Die Verteidigung hatte eine Bestrafung wegen Totschlags in vier Fällen beantragt.
Macht und Hierarchie spielten eine wichtige Rolle
Ohne äußere Regung hörte die Angeklagte der Urteilsverkündung zu. Sie stand kerzengerade an ihrem Platz und hatte die Hände auf den Tisch vor sich gelegt. Ihre Miene verzog sie dabei zu keinem Moment.
Die langjährige Mitarbeiterin der Charite hatte vier der angeklagten Taten zwischen Juni 2005 und Anfang Oktober 2006 gestanden. Als Motiv nannte sie Handeln im Willen und zum Wohle der Patienten. In ihrem Schlusswort nach zehn Verhandlungstagen hatte sie ihre Taten als "absurden Irrtum" bezeichnet. Der Gutachter war sich hingegen sicher, dass für die 55-Jährige Macht und Hierarchie eine wichtige Rolle spielten.
Die Staatsanwaltschaft hatte der Krankenschwester vorgeworfen, sie habe sich "gottgleich als Herrscherin über Leben und Tod aufgespielt", als sie die Schwerkranken auf der kardiologischen Intensivstation jeweils mit einer Überdosis an Medikamenten zu Tode spritzte.
Wollte "Würde" wieder herstellen
Nach Überzeugung des Sachverständigen war das Handeln der 54-Jährigen Irene B. von "Klarheit und Professionalität" getragen und von "festen ideologischen Wertvorstellungen" geprägt. Gutachter hatten während des Prozesses erklärt, dass sich die Angeklagte nach eigenen Angaben als "Mitwirkende des göttlichen Willens" sah, die sich dazu "berechtigt" fühlte, Patienten zu töten, um deren "Würde" wieder herzustellen. Es sei davon auszugehen, dass die Angeklagte die Taten nicht bereue und dazu stehe, hieß es.
Die Klinik hatte am 4. Oktober 2006 nach Verdachtsmomenten die Kriminalpolizei eingeschaltet. Seitdem befindet sich die Frau in Untersuchungshaft. Im Prozess stellte sich heraus, dass ein Pfleger bereits rund sieben Wochen zuvor verdächtige Beobachtungen gemacht, aber nicht der Stationsleitung gemeldet hatte. Auch Ärzte hatten mehrere Tage gezögert, ehe sie den Klinikchef über einen Tötungsverdacht informierten. Nebenklage-Anwälte hatten von einem institutionellen Versagen der Klinik gesprochen.