Zwar ist der Kampf gegen die hohe Inflation noch längst nicht gewonnen, doch der Zinsgipfel kommt für die Währungshüter aus Sicht von Volkswirten nun in Sichtweite. Die Inflation in der 20-Länder-Gemeinschaft war im Juni zwar auf 5,5 Prozent gesunken von 6,1 Prozent im Mai. Von Entwarnung kann aber noch nicht gesprochen werden.
Video EZB hebt Zinsen zum neunten Mal in Folge an

STORY: Die Europäische Zentralbank hat im Kampf gegen die hartnäckige Inflation im Euroraum erneut die Zinsen erhöht. Die Währungshüter um Notenbankchefin Christine Lagarde beschlossen am Donnerstag in Frankfurt - wie schon im Mai und im Juni - die Schlüsselsätze um einen viertel Prozentpunkt anzuheben. Das ist bereits die neunte Anhebung in Folge. Die EZB hatte im Sommer 2022 mit ihrem rasanten Straffungskurs begonnen. Der am Finanzmarkt richtungsweisende Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, steigt damit auf 3,75 Prozent. „Die Inflation geht weiter zurück, wird aber voraussichtlich noch zu lange zu hoch bleiben. Wir sind entschlossen sicherzustellen, dass die Inflation zeitnah zu unserem mittelfristigen Ziel von 2 Prozent zurückkehrt. Der EZB-Rat hat daher heute beschlossen, die drei Leitzinsen der EZB um 25 Basispunkte anzuheben.“ Sorge bereitet den Währungshütern auch die Entwicklung der Kerninflation - ein Inflationsmaß, das die schwankungsreichen Energie- und Lebensmittelpreise ausklammert. Die Kernrate war im Juni auf 5,5 Prozent gestiegen von 5,3 Prozent im Mai. Andererseits muss die EZB auch aufpassen, dass sie mit ihrem rasanten Straffungskurs die ohnehin schon schwächelnde Konjunktur im Euroraum nicht vollständig abwürgt. Nach den Zinsentscheiden der Fed, der Notenbank der USA, und der EZB sind die Börsen am Donnerstag durchgestartet. Der deutsche Leitindex Dax legte in Frankfurt um 1,3 Prozent zu, auf 16.339 Zähler. Oliver Roth, Kapitalmarktexperte der Oddo Seydler Bank spricht mit Blick auf die Zinserhöhung von einer bitteren, aber wohl stärkenden Medizin: "Wir an der Börse, wir versuchen natürlich auch immer ein bisschen, auf die Zukunft zu handeln. Das bedeutet, die 0,25 Prozent Zinserhöhung war bereits in den Kursen drin, war bereits eingepreist. Und wichtig ist natürlich auch, dass diese bittere Medizin hilft, die Inflation zu bekämpfen. Das scheint so zumindest in den USA zu funktioniert. Und das hilft natürlich dann letztendlich auch der Wirtschaft und damit dann wiederum auch der Börse." Und wie sieht die Zukunft aus? Dies- und jenseits des Atlantiks? "Ich denke in der Tat, dass beide Notenbanken, beide großen Notenbanken, jetzt erst einmal sich genau überlegen werden, tendenziell sogar eher eine Pause einlegen werden, um einfach mal zu schauen, wie diese bittere Medizin jetzt auf die Inflation wirkt, positiv wirkt auf die Inflation, auf den Patienten. Und ich könnte mir durchaus vorstellen, dass wir jetzt über den September hinaus erst mal eine Pause sehen werden, wenn die Inflation weiter zurückkommt. Und gegen Ende des Jahres wird dann noch mal gerechnet, ob es letztendlich dann zu einem weiteren Schritt kommen muss." In den USA hat die US-Notenbank am Mittwoch ihren geldpolitischen Schlüsselsatz um einen viertel Prozentpunkt angehoben auf die neue Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent. Für die nächste Zinssitzung im September hielten sich die US-Währungshüter um Notenbankchef Jerome Powell aber alle Türen offen. Sowohl eine Anhebung als auch eine Pause ist Powell zufolge denkbar.