In der Hansestadt in Mecklenburg-Vorpommern erinnern viele das Jahr 1992. Damals hatte ein wütender Mob über Tage Geflüchtete und vietnamesische Vertragsarbeiter mit dem Tode bedroht, Brandsätze geworfen und rechte Parolen geschrien.
Video Gefahr von rechts: mehr als 6000 Menschen gehen in Rostock gegen AfD auf die Straße

STORY: Wie in vielen anderen deutschen Städten sind auch hier in Rostock Tausende Menschen gegen die AfD und gegen rechtes Gedankengut auf die Straße gegangen. Anstoß dafür: Die Enthüllungen des Recherchenetzwerks Correctiv um ein Treffen Rechtsextremer in Potsdam im November, das unter anderem die Deportation von Menschen aus Deutschland zum Gegenstand hatte - auch AfD-Mitglieder hatten daran teilgenommen. Die Demonstrierenden am Freitag hier in Rostock zeigten sich alarmiert: Alicia Hellerstedt: "Ich finde es einfach wichtig, bei so einer Situation hierher zu kommen. Und freue mich, dass auch so viele andere Menschen das so sehen." Vincent Klempeau: "Ich glaube jetzt, wo von 30 Prozent gesprochen wird und immer mehr ekelhafte Sachen aufgedeckt werden, muss jetzt der Gegenpol endlich aufwachen." Aktuellen Umfragen zufolge käme die AfD bei einer Bundestagswahl bundesweit derzeit auf rund 20 Prozent der Stimmen, hier in Mecklenburg-Vorpommern gar auf 30. Rechtes Gedankengut und seine Folgen - Rostock hat damit schmerzhafte Erfahrungen gemacht. Im August 1992 hatte ein wütender Mob im Stadtteil Lichtenhagen über mehrere Tage die Bewohner einer Unterkunft für Geflüchtete und eines Wohnheims für vietnamesische Vertragsarbeiter mit Steinen und Brandsätzen angegriffen, Nachbarn klatschten Beifall, behinderten die Arbeit der Einsatzkräfte. Mehr als 100 Menschen entgingen nur knapp dem Tod in den Flammen. Anette Niemeyer von der Rostocker Bürgerinitiative "Bunt statt braun" erinnert sich. "Ich habe es damals 1992 sowas nicht für möglich gehalten und habe da auch zu meinem Erschrecken feststellen müssen, wie schnell eine aufgehetzte gesellschaftliche Stimmung in Gewalt umschlagen kann. Deshalb würde ich es nie von der Hand weisen, dass es heute wieder passieren kann." Ursula Münch ist Professorin für Politikwissenschaften und Direktorin der Akademie für Politische Bildung in Tutzing am Starnberger See. Ihre Einschätzung der Lage: "Was mir am meisten Sorgen macht und wo die AfD tatsächlich eine große Gefahr wäre, ist, dass wir ganz viele Bereiche haben, die schleichend, aber relativ schnell dann doch wieder, verändert werden könnten. Eigentlich besser: unsichtbar verändert werden könnten. Wenn die AfD eine Sperrminorität gewinnt in den Parlamenten oder sogar in eine Regierungsmehrheit kommt, zum Beispiel die Unterwanderung der Justiz." Die AfD sei zwar eine demokratisch gewählte Partei, so Münch. Doch auch eine solche Kraft könne gegen die freiheitliche Demokratie gerichtetes Gedankengut haben. Dies sei bei der AfD zwar nicht durchgehend der Fall. Weite Teile der Vertreter der Partei aber verfolgten Gedanken etwa der Ausgrenzung von Migranten. "Wenn wir uns in ein autoritäres System zurück entwickeln würden, das muss ja nicht gleich eine Diktatur sein, aber schon ein autoritäres System: Da gibt es keine Freiheit mehr, da gibt es nicht mehr die Fehlerkorrektur. Da sitzt einer da und sagt: da geht es lang. Und das wäre fatal." Für die Menschen in Deutschland, aber auch für den Wirtschaftsstandort, so Münch.