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Video Ist Angela Merkel eine Feministin?

(Szene: Merkel wird auf einem Podium mit mehreren mächtigen Frauen, unter anderem Ivanka Trump und Christine Lagarde, gefragt, ob sie sich selbst als Feministin sieht.) (O-Ton Alice Schwarzer:) "Bekanntermaßen ist sie ja nicht unbedingt Feministin. Aber sie hatte ihre erste Frauenministerin von der Leyen sehr ermutigt, eine sehr moderne Familienpolitik zu machen. Und sie ist einfach qua Existenz ein feministisches Statement." Eine Ära geht zu Ende und die bekannteste Feministin Deutschlands Alice Schwarzer blickt zurück auf die Kanzlerschaft Merkels. Schwarzer und Merkel kennen sich seit rund 30 Jahren. In der aktuellen Ausgabe von Schwarzers eigener feministischen Zeitschrift Emma sind mehrere Aufnahmen der beiden zu sehen. Die Journalistin macht zunächst noch einmal deutlich, dass der Weg der Kanzlerin ganz nach oben nicht immer einfach war. "Sie ist ja eigentlich ein Unfall. Also, Deutschland war ja noch nicht reif für eine Kanzlerin. Nachdem sie gewählt worden war, mit einer halben Million Stimmen mehr, hat der Altkanzler Schröder am Abend im Fernsehen gesagt, die kann das nicht, ich mache weiter. Er hatte vier Jahre, drei Jahre vorher 60.000 Stimmen mehr, also. Und dann folgten wirklich skandalöse Wochen, wo in der Demokratie Deutschland ernsthaft von allen, von den Medien, von der Opposition und von ihrer eigenen Partei, darüber diskutiert wurde, ob denn nun diese gewählte Frau auch wirklich Kanzlerin werden soll." Bilder wie diese waren während ihrer Amtszeiten an der Tagesordnung - Merkel inmitten von Männern. Eine Frau, die sich durchsetzen musste, Tag für Tag. "Ich finde, formidabel, also das muss ich wirklich sagen. Sie ist irgendwo natürlich als Frau an der Macht - auf der Ebene - immer ein bisschen die Fremde geblieben, auch in Deutschland als Ossi und so weiter, ein bisschen ist sie apart. Man weiß, sie ist anders. Aber die Selbstverständlichkeit, wie sie mit erhobenem Haupt mit den mächtigen Männern der Welt umgegangen ist und die ja auch richtig Gamaschen vor ihr haben - ist doch schön, die haben Gamaschen vor unserer Kanzlerin. Das finde ich großartig. Also, ihren Stil, das hat sie gut gemacht." Normalerweise bequem und unspektakulär gekleidet, zeigt sie sich auf Events wie den Bayreuther Festspielen dann mal von einer anderen Seite. Was sagt uns das, Frau Schwarzer? "Sie ist sowas zwischen Mädchen und Kamerad, hat was Mädchenhaftes, kann ja durchaus auch flirten. Also, das sehen wir ja, wenn sie Macron in Frankreich trifft, also, für den sie ein unübersehbares Faible hat." Nach Merkels Amtsantritt im Jahr 2005 hatte Schwarzer gesagt: Endlich könnten die kleinen Mädchen in Deutschland davon träumen, vielleicht nicht Friseurin zu werden, sondern Kanzlerin. "Sie wird ja sehr bewundert von den Mädchen und Frauen in der Welt. Das ist ihre Haupt-Tat, dass eine Frau gezeigt hat, dass sie es kann, und dass sie es mit Würde machen kann und Entschlossenheit." Und dass sie viele Frauen ermutigt hat, zeigt eine Umfrage auf der Straße: "Ja, sie hat, ich sage "ihren Mann gestanden" als Frau und das, denke ich, hat uns, hat viele Frauen auch in Positionen schon den Weg geebnet, dass man sagt, Frauen können Verantwortung übernehmen und ganz vorne dran stehen." "Ich glaube schon, dass das viele beeinflusst hat, also auch unbewusst vielleicht, aber, ich meine, wo guckt man hin und da sitzt eine Frau ganz oben im Staat. Also, es ist wirklich unglaublich selten, und das ist sehr, sehr modern, finde ich." Noch ist es aber nicht vorbei. Erst bis der Bundestag eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger gewählt hat, bleibt Merkel noch kommissarisch im Amt. Und von der letzten Wahl wissen wir: Bis eine neue Koalition gebildet ist, kann es Monate dauern. 2017 war Merkel von September bis März kommissarisch im Amt, weil die Koalitionsverhandlungen so lange andauerten. Doch der große Unterschied: Damals wurde sie wiedergewählt, dieses Mal wird es zum ersten Mal nach 16 Jahren jemand anderes werden.
Allein durch ihre Existenz sei sie ein feministisches Statement gewesen, sagt Deutschlands bekannteste Feministin Alice Schwarzer im Reuters-Interview.

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