42 Jahre nach spektakulärer Tat Er schrieb ein Buch über den "Bankraub des Jahrhunderts" - und steht nun deswegen vor Gericht

Jacques Cassandri
Jacques Cassandri am 12. Februar in Marseille vor dem Gerichtsgebäude. 
© Boris Horvat / AFP
Jacques Cassandri war mutmaßlich Teil der berüchtigten Räuberbande, die 1976 in Nizza den "Bankraub des Jahrhunderts" verübte. Jetzt steht der 74-Jährige vor Gericht - weil er sich selbst verriet.

Früher war Jacques Cassandri wegen seines kahlen Kopfes als "le Tondu" - der Geschorene - in Frankreichs Unterwelt bekannt. Er plante womöglich einen der spektakulärsten Bankraube der Geschichte.

1976 drang eine Bande über die Kanalisation und selbstgegrabene Tunnel in die Bank Société Générale in Nizza ein und plünderte zwei Tage lang den Tresorraum. Sie erbeutete Geld, Goldbarren und Schmuck im Wert von 46 Millionen Francs. Als die Bankangestellten den Diebstahl schließlich bemerkten, waren von den Banditen nur noch der an die Wand gekritzelte Spruch "Kein Schuss, keine Gewalt, kein Hass", und ein Loch in der Wand übrig. Die Beute wurde nie gefunden und Cassandri nie mit dem Verbrechen in Verbindung gebracht. 

Die Wahrheit über den Einbruch von Nizza

Bis 2010. Da veröffentlichte er unter dem Pseudonym "Amigo" ein Buch, "La Vérité sur le casse de Nice"- "Die Wahrheit über den Einbruch von Nizza". Darin ist das Verbrechen detailliert beschrieben, so detailliert wie es nur jemand hätte aufschreiben können, der dabei gewesen war. Die Polizei brauchte nicht lange, um Cassandri als Autor zu identifizieren. Auf seinem Computer fanden sie das Manuskript des Buches, berichtete "The Guardian". Seit Anfang dieser Woche steht er wegen des Falles vor Gericht.

Laut "The Telegraph" schreibt Cassandri in seinem Buch, er sei es leid, im Schatten von Albert Spaggiari zu leben. Dieser gilt als Kopf des Bankraubes, obwohl er laut Cassandri nur eine kleine Rolle bei der Durchführung des Coups gespielt habe. Cassandri stellt in der Erzählung vor allem seine eigene Rolle in der Planung und Durchführung des Überfalls in den Mittelpunkt. Der möglichen Konsequenzen war er sich wohl nicht bewusst, hoffte vielleicht, dass er aufgrund einer Verjährung der Tat nicht mehr belangt werden könne. 

Cassandri bezeichnet sein Buch als Roman

Doch im Zusammenhang mit der verschwundenen Beute wird ihm jetzt Geldwäsche vorgeworfen. Ein Tatbestand, der in Frankreich auch nach mehreren Jahrzehnten nicht verjährt. Obwohl Cassandri nie einer geregelten Arbeit nachging, besitzt er mehrere Häuser und einen Nachtclub. Die Verteidigung sehe es nicht als belegt an, dass Cassandri seine Immobilien mit Beute aus dem Banküberfall gekauft hat, berichtete "Der Standard".

Seine anderen Einkünfte speisen sich allerdings auch nicht aus einem normalen Angestelltenverhältnis. Er war Teil des Drogenrings "French Connection", der durch den gleichnamigen Hollywoodfilm Berühmtheit erlangte. 1994 wurden er wegen Zuhälterei zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Nachdem Cassandri eine Rolle in der Durchführung des Überfalls gegenüber einem Ermittler eingeräumt haben soll, bestreitet er die Teilnahme an dem Banküberfall nun vor Gericht und bezeichnet sein Buch als "Roman". So sieht es auch sein Verteidiger, das Buch sei kein Beweismittel. Er nennt es allerdings "eine kleine Sünde des Stolzes", berichtete Le Monde. 

Die Haare fehlen "le Tondu" heute auch, allerdings altersbedingt. Ob der 74-Jährige verurteilt wird, entscheidet sich erst in einigen Wochen. Ihm drohen zehn Jahre Haft.  

ar

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