Leben nach der Bombe Drei, die Hiroshima zufällig überlebten

  • von Ines Punessen
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 Nobuo Miyake, Hiroe Kamada und Hoh Sorie. Alle drei sind sogenannte „Hibakusha“. So heißen die Überlebenden der über Hiroshima und Nagasaki abgeworfenen Atombomben. Dass sie heute am 70. Jahrestag noch hier sind, verdanken sie dem Zufall - oder unfassbarem Glück. Denn als die amerikanische Atombombe „Little Boy“ am 6. August 1945 knapp 600 Meter über dem Erdboden zündete, waren sie nicht dort, wo sie eigentlich hätten sein sollen.
 
Nobuo Miyake: Es ist ein Wunder, dass ich die Atombombe auf Hiroshima überlebt habe. Ich lag auf dem Boden und dachte, dass ich getroffen wurde. Man konnte nichts sehen. Die Luft war voller Staub und schwarzem Regen. Alles war zerstört - überall Feuer. Nicht nur die Häuser brannten. Die Feuer kamen immer näher. Da kamen Menschen mit verbrannten Körpern auf mich zu. Die Haut hing ihnen wie Fetzen herunter. Sie sahen aus wie Geister mit gehäuteten Händen.
 
Überlebt hat der 86-Jährige, weil er an diesem Tag den Zug zur Schule verpasste. Eine Fahrt ins Explosionszentrum der Bombe, die tödlich gewesen wäre. Ein Zufall rettete auch Hiroe Kamada, die damals drei Jahre alt war.
 
Hiroe Kamada: Meine Mutter hatte an diesem Tag irgendeine Vorahnung. Es war ein ungewöhnlich klarer und ruhiger Tag und ich sollte in den Kindergarten. Aber sie hatte ein ungutes Gefühl – eine Art siebten Sinn - und ließ mich nicht gehen. Die meisten meiner Freunde kamen dort ums Leben.
 
Hoh Sorie war damals mit seiner Schwester nur drei Kilometer vom Zentrum der Atomexplosion entfernt.
 
Hoh Sorie: Wir gingen unterhalb eines bewaldeten Hügels spazieren. Plötzlich war da dieser helle Blitz – gefolgt von einer enormen Druckwelle, die alle Fenster und die Haustür zerstörte. Sie war so stark, dass sie uns fast wegwehte. Meine zehn Jahre ältere Schwester warf sich auf mich und schütze mich mit ihrem Körper. Wäre die Bombe ein paar Minuten später gefallen und wären wir nicht durch den Abhang und die Bäume geschützt gewesen, wären wir umgekommen.
 
Hoh Sories Vater starb sechs Tage nach der Detonation durch die radioaktive Strahlung, seine Mutter später an Krebs. Und auch der Schwester, die sich damals über den Fünfjährigen warf, wurde im Alter von 55 Jahren der Darmkrebs zum Verhängnis. Hoh Sorie selbst leidet seit 2011 an Leukämie im fortgeschrittenen Stadium.
 
Nichtsdestotrotz begleitet ihn das Erlebte auch im hohen Alter. Er hat eine Mission. Genau wie die anderen „Hibakusha“ Nubuo Miyake und Hiroe Kamada. Mit dem Peaceboat, einem Kreuzfahrtschiff, auf dem Kurse über Konfliktbewältigung und Umweltschutz gegeben werden, steuern sie 26 Häfen auf der Nordhalbkugel an. Die Message: Schafft Nuklearwaffen und Atomkraftwerke ab. Denn damit wurde schon genügend Unheil angerichtet.
Die von den Amerikanern abgeworfene Atombombe brachte unfassbares Leid über Hiroshima: 140.000 Tote. Sie überlebten durch Zufall: Nobuo Miyake, Hiroe Kamada und Hoh Sorie erzählen ihre bewegende Geschichte.

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