Bei den Bergungsarbeiten in den Trümmern der Bad Reichenhaller Eishalle haben die Rettungsmannschaften am Mittwoch eine weitere Leiche gefunden. Ob es sich bei der weiblichen Toten um die vermisste Frau oder das vermisste Mädchen handelt, ist unklar. Damit steigt die Zahl der geborgenen Toten auf 14. Ein Mensch wird noch unter den Trümmern vermisst. Das Dach der Eissporthalle in der oberbayerischen Stadt war am Montagnachmittag eingestürzt und hatte etwa 50 Menschen unter sich begraben.
Die Rolle des Wetters
Nach Aussage von Meteorologen war in den Stunden vor dem Unglück ungewöhnlich nasser und schwerer Schnee gefallen, der vermutlich als tonnenschwere Last auf dem Dach der mehr als 30 Jahre alten Halle liegen blieb. Die Temperatur um null Grad habe dazu beigetragen, dass der Wind den Schnee nicht weg wehen konnte, sagte Manfred Spatzierer vom Wetterdienst Meteomedia. "So blieb der Schnee regelrecht kleben."
Wie Christian Freuer, Diplom-Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst, stern.de gegenüber sagte, war es nicht entscheidend, ob der Schnee nass oder trocken gewesen war. "Das Problem war einfach die Menge." Wobei es laut Freuer für diese Region nicht ungewöhnlich ist, dass zu dieser Jahreszeit so viel Schnee fällt. "Vor allem im Frühjahr ist damit zu rechnen. Ungewöhnlich ist nur, dass es schon Anfang Januar passierte." Auch der Wind spielt in dieser Region nach keine Rolle. "Diese Gegenden sind windarm."
Wie Freuer bestätigte, hatte der Deutsche Wetterdienst am Mittag des Unglücks von Bad Reichenhall eine Unwetterwarnung an die Behörden vor Ort ausgegeben, auch Bad Reichenhall war gewarnt. "Was dann die Verantwortlichen damit machen, fällt nicht mehr in unseren Bereich", so Freuer.
Die gezielte Suche nach Verschütteten war am frühen Mittwochmorgen wieder aufgenommen worden. Das teilte die Polizei mit. Die Suche wurde am Dienstagmittag zunächst eingestellt, weil weitere Trümmerteile beseitigt werden mussten, sagte Franz Sommerauer von der Polizei Traunstein. "Jetzt sind die Suchkräfte wieder auf dem Eis." Rund 40 Prozent der Eisfläche seien nach den nächtlichen Räumarbeiten zwischenzeitlich wieder begehbar, hieß es. Mit Rettungshunden werden die Einsatzkräfte weiter nach Vermissten suchen.
Rettungseinsatz mit bloßen Händen
Bei den zuvor gefundenen Toten handelt es sich um zwei Jungen und fünf Mädchen im Alter zwischen neun und zwölf Jahren, drei männliche und einen weiblichen Jugendlichen im Alter von 14 und 15 Jahren sowie zwei Frauen im Alter von 40 und 41 Jahren. Alle Opfer stammten aus der Umgebung von Bad Reichenhall und Traunstein.
13 Verletzte würden noch im Krankenhaus behandelt, jedoch befinde sich niemand mehr in kritischem Zustand, teilte die Polizei am Morgen mit. Rund 200 Rettungskräfte waren am Mittwochmorgen an der Unglücksstelle mit schwerem Räumgerät im Einsatz. Einer von drei Baggern war wegen eines technischen Defekts in der Nacht zeitweise ausgefallen. Der Schaden konnte jedoch schnell behoben werden. Ein Nachlassen der starken Schneefälle erleichterte den Helfern die Arbeit. Auch mit bloßen Händen hatten hunderte Helfer am Dienstag versucht, an die Verschütteten heranzukommen. Eine Außenwand wurde jedoch unter dem Druck der Trümmer weggedrückt. Statiker befürchteten, dass weitere Gebäudeteile einstürzen und auch noch Helfer unter sich begraben könnten. "Wir geben nicht auf, bis auch die letzte Person gerettet beziehungsweise geborgen wurde", sagte Kreisbrandrat Rudi Zeif am Dienstagabend.
Lichterkette für die Opfer
Vor dem Unglück war ungewöhnlich nasser und schwerer Schnee gefallen. Zwar wurde die Belastung des Daches kurz vor dem Einsturz überprüft, dennoch gab es Spekulationen über Versäumnisse der Behörden. Die Staatsanwaltschaft Traunstein ermittelt wegen fahrlässiger Tötung. Die Ermittler stellten Unterlagen und Pläne sicher, die nun von Sachverständigen begutachtet werden sollen.
Krisen-Interventionsteams betreuten auch in der Nacht Angehörige der Opfer. Es gehe auch darum, die Todesnachricht an Angehörige zu überbringen, sagte Malteser-Sprecher Peter Volk. Für die Helfer im südostbayerischen Raum sei es das größte Unglück seit Jahrzehnten. Mit einer Lichterkette gedachten am Abend viele Menschen der Opfer. Am Dienstag in einer Woche soll es in Bad Reichenhall einen Trauergottesdienst von Freistaat, Landkreis und der Stadt geben.
Auch andernorts stürzten am Dienstag unter der Schneelast Dächer ein, verletzt wurde aber niemand. Die Stadt Rosenheim sperrte vorsorglich eine Eishalle und eine Sporthalle. Aus Furcht vor einem möglichen Einsturz der Bahnsteigüberdachung wurde am Bahnhof Traunstein der Zugverkehr vorübergehend eingestellt.