In Belgien ist am Sonntagmorgen ein Autofahrer mit hoher Geschwindigkeit in eine Gruppe von Besuchern eines Karnevals gefahren und hat dabei sechs Menschen getötet. Am Morgen war zunächst von vier Todesopfern die Rede gewesen, doch die Zahl erhöhte sich im Laufe des Vormittags, wie aus Informationen der Staatsanwaltschaft hervorgeht.
Ein Sprecher der Rettungskräfte sagte zudem bei einer Pressekonferenz, dass sich zehn Schwerverletzte in einem kritischen Zustand befänden. 27 Personen erlitten demnach leichtere Verletzungen. Insgesamt seien von dem Vorfall rund 70 Menschen betroffen, hatte die Gemeinde der südbelgischen Stadt La Louvière am Morgen mitgeteilt.
Gegen fünf Uhr früh raste das Auto in Strépy-Bracquegnies in die Karnevals-Gruppe
Der Wagen war nach Angaben des örtlichen Bürgermeisters Jacques Gobert mit hoher Geschwindigkeit in die Menge gerast, die sich am frühen Morgen für eine traditionelle Veranstaltung in dem zur Gemeinde gehörenden Ort Strépy-Bracquegnies versammelt hatte, wie die Nachrichtenagentur Belga berichtete.
Laut Gobert ereignete sich der Zwischenfall um 5 Uhr morgens. Eine Gruppe aus etwa hundert Teilnehmern habe gerade die Sporthalle verlassen, um zurück ins Zentrum des Dorfes zu ziehen, als der Wagen in die Menge gerast sei, sagte er laut Belga. "Der Fahrer setzte seine Fahrt fort, aber wir haben ihn abgefangen."
Warum das Auto in die Teilnehmer beim Karneval raste, ist unklar
Über die Gründe, warum das Fahrzeug in die Menschengruppe fuhr und ob es Absicht war oder nicht, darüber herrscht weiterhin Unklarheit. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft betonte lediglich, dass es keine Hinweise auf einen terroristischen Hintergrund gebe. Die im Fahrzeug sitzenden Personen kamen seinen Angaben zufolge aus der Region und wurden festgenommen. Sie waren den Behörden bislang nicht bekannt und sind 1988 beziehungsweise 1990 geboren worden. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft könnte den Insassen des Autos eine Anklage wegen Mordes drohen.
Die belgische Gemeinde Strépy-Bracquegnies liegt etwa 40 Kilometer südwestlich von Brüssel und zählte nach Angaben der übergeordneten Stadt La Louvière zuletzt knapp 9000 Einwohner. Wie Bürgermeister Gobert sagte, waren am Sonntagmorgen etwa 150 bis 200 Menschen beim "Ramassage des Gilles" dabei. Dabei wird von Haus zu Haus gezogen, um sich für den Karneval zu sammeln. Zentrale Figur sind dabei die "Gilles", die traditionell Wachsmasken mit aufgemalter Brille und Bärtchen tragen.
Ein Moderator des belgischen Radiosenders RTL, der an der Karnevalsveranstaltung teilnahm, berichtete am Morgen von dramatischen Szenen. Seinen Angaben zufolge fuhr das Auto mitten in die Menschenmenge. "Da waren Musik und Gelächter und drei Sekunden später waren es Schreie. Es war schrecklich", zitierte ihn der Sender.
Kommunaler Notfallplan in Belgien ausgelöst
Nach Angaben des Bürgermeisters von La Louvière wurde der kommunale Notfallplan ausgelöst und der Opferhilfedienst aktiviert. Belgiens Innenministerin Annelies Verlinden schrieb auf Twitter, ihr tiefstes Beileid gelte den Familien und Freunden der Getöteten und Verletzten. "Was eine tolle Party werden sollte, wurde zu einem Drama." Auch Premierminister Alexander De Croo äußerte Anteilnahme und sprach von "schrecklichen Neuigkeiten" aus Strépy-Bracquegnies. Er wollte am Nachmittag gemeinsam mit König Philippe die Unglückstelle besuchen.
Das aktuelle Geschehen in Belgiern erinnert an das Grauen beim Rosenmontagsumzug vor zwei Jahren im nordhessischen Volkmarsen. Damals wurden 88 Menschen, darunter 26 Kinder, schwer verletzt, als ein Autofahrer vorsätzlich in den Rosenmontagszug raste. Der Täter wurde mittlerweile zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.
Die Karnevalsaison in La Louvière hatte laut Belga erst Anfang März angefangen, nachdem strenge Corona-Beschränkungen aufgehoben worden waren. 2020 und 2021 war der Karneval wegen Corona komplett abgesagt worden. Bürgermeister Gobert rief am Sonntag nach dem Unglück dazu auf, den Karneval abzubrechen. "Ich glaube der Gemütszustand aller ist so, dass wir nichts anderes in Betracht ziehen konnten", sagte er.