Es geschah beim Spaziergang am Stadtrand von Hamburg. Dort, wo schmalere Straßen in Feldwege übergehen, war aus einem Baumwipfel ganz deutlich das miauende, langgezogene Rufen eines Mäusebussards zu hören. Solch ein Greifvögel ist allein wegen seiner Größe ein Hingucker – er ist etwa so groß wie ein Huhn. Ich suchte also das dichte Laub des Baums mit den Augen nach dem vermuteten Mäusebussard ab und erblickte – einen Eichelhäher.
Da saß der schmächtige rötlich-braune Bursche mit seinen markanten blau-schwarz gebänderten Federn an den Flügeln und machte auf Bussard. Ganz regelmäßig und offenbar mit wachsender Begeisterung imitierte er den Ruf des Greifvogels.
Eichelhäher sind viel kleiner als ein Bussarde – etwa so groß wie kleine Tauben. Offenbar hatte dieser gut geübt, denn er beherrschte den Bussard-Sound perfekt, zumindest für meine Ohren. Wahrscheinlich bin ich nicht die einzige, die auf seine Imitation hereinfiel. Nach dieser Begegnung habe ich den Vogel noch mehrmals gesehen und vor allem gehört. Seinen Spitznamen hat er seitdem weg: der "Hochstapler".
Eichelhäher imitieren auch Habichte oder Sperber
Wühlt man sich durch die einschlägige vogelkundliche Literatur und Naturvideos auf Youtube, stellt man fest: Der Eichelhäher ist bekannt dafür, dass er Stimmen anderer Vögel nachmacht. Manche Exemplare haben auch ein paar Habicht- oder Specht-Cover drauf. Vom letzteren allerdings "nur" den Gesang – nicht das Klopfen am Baum, das ist dem Eichelhäher vermutlich zu anstrengend.
Normalerweise krächzen sich Eichelhäher durchs Leben, zählen aber streng genommen zu den Singvögeln. In der Literatur liest man, dass einer seiner eigenen Laute relativ nah an den Bussard-Gesang herankommt. Es ist also oft nicht ganz klar, ob er gerade normal wie ein Eichelhäher singt – oder eine Art ornithologische Urheberrechtsverletzung begeht.
Mit seinem Talent für Fremdsprachen ist der Eichelhäher kein Einzelfall. Stare etwa sind ebenfalls polyglott und singen sogar die Töne von Mobiltelefonen nach. Von Zugvögeln weiß man, dass sie manchmal Gesänge aus ihren afrikanischen Winterquartieren mitbringen und hier bei uns in Deutschland zum Besten geben. Auch Tiere machen offenbar Bildungsurlaub.
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Warum spricht der Eichelhäher Fremdsprachen? Keiner weiß es
Generell singen Vögel – und da übrigens stets die Männchen –, um ihre Reviere abzugrenzen. Im Falle des Eichelhähers haben Wissenschaftler allerdings noch nicht klären können, warum er Gesänge andere Arten nachmacht. Dieses Verhalten diene offenbar nicht dazu, das Revier zu markieren, heißt es. Es muss einen anderen Grund geben, aber den kennen nur die Tiere selbst.
Vielleicht macht der Eichelhäher also zum Spaß den Greifvogel nach – oder um sich einmal am Tag wie ein echter Mäusebussard zu fühlen.
Quellen: Nabu.de, "Vogel & Natur"

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