Kaninchen sind der Inbegriff der unkontrollierten Vermehrung. Das zeigen nicht nur historische Beispielsweise wie Australien und Neuseeland. Dorthin wurden die Langohren vor über 100 Jahren von Siedlern importiert und verwandelten fruchtbares Land in karge Steppen. Auch in Deutschland wurden die Hoppler zeitweise zu Plage, zuletzt vergangenes Frühjahr in Ingolstadt. Dort hatten sich etwa 1000 Kaninchen aus dem Klenzerpark in Schrebergärten ausgebreitet. Parzellenbesitzer berichteten von zerstörten Pflanzen und Kadavern verendeter Tiere in ihren Kleingärten. Die Ankündigung, Jagd auf die Tiere zu machen, wurde nach einem Aufschrei der Tierschützer wieder zurückgenommen. Stattdessen entschied sich die Stadt dazu, die Tiere einzufangen und im Ausland in dafür vorgesehenen Wildparks auszusetzen.
Ob das für Madrid auch eine Option wäre? Der Bezirk Carabanchel Alto im Südwesten der spanischen Hauptstadt kann sich gegenwärtig kaum vor Kaninchen retten. Dort sind die Tiere schon seit mehreren Jahren auf dem Vormarsch. Die anfängliche Faszination wandelte sich schnell in Frust und Ärger. Mittlerweile haben die Langohren Vorgärten, Parks und Kinderspielplätze für sich erobert. Die Zahl der Kaninchen so hoch wie nie zuvor, berichtet der spanische Sender Telemadrid. In einem feuchten Frühjahr könne sich die Population sogar verdreifachen, zitiert der "Guardian" einen Sprecher des Nachbarschaftsvereins Carabanchel Alto. Während der Pandemie habe sich die Situation sogar noch verschärft, weil wegen der Ausgangssperren keiner etwas gegen die Plagegeister unternehmen konnte.
Kaninchen schädigen nicht nur öffentliche Einrichtungen
Ende Oktober wandten sich der Verband und drei örtlich Elternvereine schließlich an die Bezirks- und Stadtverwaltung. Den Behörden werfen sie vor, zu lange tatenlos zugesehen zu haben, wie sich die Kaninchen immer weiter vermehrten. "Die Kaninchen dringen in die Freizeitbereiche der Kinder ein und hinterlassen überall ihren Kot. In unserem Garten fressen sie unsere Pflanzen und Früchte und verursachen Schäden. Sie haben sich auch durch unsere Zäune gegraben und Löcher hinterlassen. In die können die Kinder ihre Hände stecken und sich verletzen“, sagte Maria Secos Morales, Vorsitzende eines Elternvereins, dem Sender Telemadrid.
Mehr als 200 Schul- und Kindergartenkinder können seit einem Jahr nicht mehr auf den Spielplätzen spielen. Kindergärten mussten zeitweise schließen, weil die Exkremente der Kaninchen ein gesundheitliches Risiko darstellen. Prinzipiell habe er nichts gegen die Tiere, aber "wenn das Problem zu einem Gesundheitsproblem wird, finde ich das nicht lustig – vor allem, wenn wir gerade eine schreckliche Pandemie durchgemacht haben, bei der sich Krankheiten von Tieren auf Menschen ausbreiten“, sagte der Sprecher des Nachbarschaftsvereins.

Wildkaninchen sind allerdings als Wirte der Kleinstlebewesen Leishmaniose bekannt. Die Infektionskrankheit wird meist über die Sandmücke auf den Menschen übertragen. Vor zwölf Jahren hatte die spanische Stadt Fuenlabrada, wenige Kilometer von Carabanchel Altro entfernt, den größten Ausbruch der Leishmaniose beim Menschen in Europa gemeldet. Ursächlich seien die Kaninchen in der Gegend gewesen, Zehntausende wurden als Schutzmaßnahme gekeult.
Frettchen sollen die Plage bekämpfen
Das Problem wollen Vertreter des Nachbarschaftsvereins in Madrid aber anders angehen. "Wir können nicht alle Kaninchen aus dem Gebiet vertreiben. Aber wir könnten richtige, kaninchensichere Zäune und Schulen und Wohnungen errichten“, sagte deren Sprecher. Weil die Bezirksverwaltung lange Zeit keine Anstalten machte, das Problem zu lösen, versuchten es die Bewohner im Sommer auf ihre Art. Sie engagierten einen Mann, der mit Frettchen Jagd auf die Kaninchen machte. Wie der "Guardian" berichtet, plant die Bezirksverwaltung derzeit ein ähnliches Vorgehen. Mithilfe der Frettchen sollen die Kaninchen vertrieben oder ihre Zahl zumindest vermindert werden. Zudem sollen Zäune um betroffene Einrichtungen wie Schulen und Kindergärten verstärkt werden.