Die aktuelle Jahreszeit nennt man auch "Altweibersommer". Der Begriff hat etwas mit den Spinnen zu tun, die überall ihre Netze weben. Gerade jetzt, wo die Natur morgens noch mit Tau bedeckt ist, sind die aus dünnen Fäden gewebten Gebilde besonders gut zu sehen. Sie schimmern im frühen Licht der Sonne. An dieses Naturschauspiel denken wir, wenn vom Altweibersommer die Rede ist.
In dem Wort schwingt Wehmut mit. Noch ist es tagsüber warm. Doch die kühlen Nächte signalisieren: Der Winter ist nicht mehr weit.
Die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht sind ein Teil der Erklärung für das Phänomen des Altweibersommers. Während der kühlen Nacht setzt sich Feuchtigkeit aus der Luft an Oberflächen und am Boden ab – und auf Spinnenweben. Der nasse Tau bringt die Fäden zum Glitzern: Sie erinnern an silbrige Haare älterer Frauen.
Doch dies ist nur ein Teil der Erklärung, warum wir vom Altweibersommer sprechen. Der Begriff geht wohl auf ein Verb aus dem Altdeutschen zurück, wie es in vielen Quellen heißt. "Weiben", schreibt etwa die Deutsche Wildtier Stiftung, bedeute in der Sprache unserer Vorfahren "weben".
Fäden und Netze der Kreuzspinnen – es ist Altweibersommer
Und wer webt da jetzt in unseren Gärten und Parks? In unseren Breiten sind es häufig Gartenkreuzspinnen. Deren Netze messen bis zu einem halben Meter, erklärt die Naturschutzorganisation. Produziert werde das elastische und gleichzeitig klebrige Material für die Fäden mit einer Drüse im Hinterleib der Achtbeiner. Für ein Netz muss solche ein kleines Tier einen Faden von bis zu 20 Metern Länge produzieren.
Geht ein Faden kaputt, werde er sofort geflickt. Die Spinnen können den Baustoff sogar selbst recyclen, indem sie ihn fressen und wieder aufbereiten. Solche Netze sind wahre Kunstwerke. Sie sind aufgebaut aus Radialspeichen und querliegenden Fangfäden und werden nach einem komplexen Konstruktionsplan errichtet. Kreuzspinnen sind Baumeister mit Superkräften. Der Faden, den sie produzieren ist, bezogen auf das Gewicht der Spinnenseide, viermal so belastbar wie Stahl, schreibt die Deutsche Wildtier Stiftung.
Wer ein Spinnennetz zerstört, macht sich übrigens strafbar, wie die Tierschützer betonen: Lebensstätten wildlebender Tiere und Pflanzen dürfen laut Paragraf 39 des Bundesnaturschutzgesetzes ohne vernünftigen Grund weder zerstört noch beeinträchtigt werden.
Dabei gibt es eher Gründe, die Tiere zu bewundern und zu schützen: Sie fangen jede Menge Insekten wie beispielsweise Mücken. Und sie selbst werden gern von Singvögeln gefressen. Spinnen im Garten sind ein Indikator für Artenvielfalt.
Und gefährlich für Menschen sind Kreuzspinnen auch nicht. Zwar verfügen sie über ein Gift, das sich aus verschiedenen Eiweißstoffen zusammensetzt und dazu dient, ihre Beute zu lähmen – etwa kleine Insekten. Um in menschliche Haut einzudringen, sind die Giftklauen, die vorn am Kopf sitzen, zu kurz. Geschieht es doch einmal, etwa bei Kindern, juckt es etwas wie bei einem Mückenstich.
Und schließlich bleiben Gartenkreuzspinnen, wo sie hingehören: im Garten. Das unterscheidet sie von anderen Arten, wie beispielsweise der Hauswinkelspinne, die in der kühleren Jahreszeit auch gern mal ins Haus kommt, weil es dort schön warm ist.
Quellen: Pressemitteilung der Deutschen Wildtier Stiftung, "Wissen.de", "Augsburger Allgemeine", Steckbrief Kreuzspinnen bei der Deutschen Wildtier Stiftung
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