Crime Story Im Sande verlaufen

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  • von Robert Kolker
Der Gilgo-Beach-Killer hat mindestens vier Frauen getötet. Nach 13 Jahren wurde der mutmaßliche Täter festgenommen. Eine Frage quält die Angehörigen besonders: Warum nur dauerte es so lange?
Polizisten suchen am Gilgo Beach nach Leichen
April 2011: Polizisten suchen am Strand nach Leichen
© Illustration: Ragnar Schmuck/stern Crime | Foto: Seth Wenig/AP/Picture Alliance

Der Anfang der Geschichte klingt wie die Eröffnungsszene eines schlechten Krimis: Eine Frau rennt im Morgengrauen schreiend auf eine Straße, dann löst sie sich scheinbar in Luft auf. Die Szene spielt am 1. Mai 2010 in Oak Beach, einer abgelegenen Wohnsiedlung am Südufer von Long Island. Stunden zuvor war Shannan Gilbert mit dem Taxi aus New Jersey gekommen, um einen Mann zu treffen, der sie über das Portal Craigslist als Escort gebucht hatte. Als die Polizei eintraf, war sie verschwunden. Die Beamten befragten Nachbarn, Gilberts Kunden und ihren Fahrer, kamen jedoch nicht weiter. Ein paar Tage später ließen sie das Gebiet aus der Luft absuchen. Vergebens. Dann gaben sie auf. Gilbert habe entweder unter Drogen gestanden oder sei hysterisch geworden und ins Meer gegangen und ertrunken.

Kaum jemand interessierte sich für den Fall. Über eine vermisste Prostituierte wird selten in den Nachrichten berichtet. Das änderte sich auch nicht, als einen Monat später Megan Waterman, die ebenfalls auf Craigslist inseriert hatte, als vermisst gemeldet wurde.

Erschienen in stern Crime 53/2024. Diese Geschichte erschien in längerer Fassung erstmals im "New York Times Magazine" im Oktober 2023. Aus dem Amerikanischen von Anuschka Tomat