Im Jahr 2003 zog ein junger Mann namens Roddy Dean Pippin in die winzige Gemeinde Odell, die im äußersten Norden von Texas, südlich des Red River, liegt. Er lebte in einem netten, kleinen Holzhaus mit zwei Schlafzimmern und einer halb eingestürzten Veranda. Hinter dem Haus befanden sich ein Stall und eine Koppel für sein Pferd. Die lange Einfahrt bot genug Platz für seinen Dodge Pick-up-Truck und den vier Meter langen Viehanhänger.
Pippin war ein gut aussehender Kerl, gertenschlank, mit zerzaustem braunem Haar, braunen Augen und durchdringendem Blick. Wenn er nach Vernon oder Quanah fuhr, trug er gestärkte Wrangler-Jeans, die von einem handgefertigten Gürtel mit einer großen Schnalle gehalten wurden, dazu Cowboystiefel, ein Westernhemd mit Perlmuttknöpfen und einen grauen Cowboyhut, der ihn mindestens 500 Dollar gekostet haben dürfte.
Er war stets freundlich, und wenn er Frauen begegnete, lüftete er seinen Hut. Im Medicine Mound Depot, Quanahs bestem Restaurant, bestellte er gern ein blutig gebratenes Steak, dazu Okraschoten, eine Ofenkartoffel, einen Salat mit Ranch-Dressing sowie ein Glas Milch mit Eis. Mit den Kellnerinnen unterhielt er sich dann meist über das Wetter, Countrymusik und das Viehgeschäft. Und wenn er gefragt wurde, womit er seinen Lebensunterhalt verdiene, lächelte Pippin und sagte, dass er sich mit Rinderzucht beschäftige. Dann gab er ein großzügiges Trinkgeld, und beim Hinausgehen sagte er: "Vaya con dios. So Gott will und nichts Unerwartetes passiert, sehen wir uns bald wieder." Er stieg in seinen Pick-up und fuhr die Landstraßen entlang, die an einigen der prächtigsten Ranches von Texas vorbeiführten.
Pippin war tatsächlich im Viehgeschäft tätig. Aber er kaufte und verkaufte keine Kühe. Er war ein Rustler, ein professioneller Viehdieb. Und niemand war besser als er. Innerhalb von 18 Monaten schlich er sich mindestens 25-mal auf Ranches in Nordtexas und erbeutete mehr als 130 Rinder im Gesamtwert von etwa 100 000 Dollar.