So ist das manchmal mit Sitten und Bräuchen: Warum etwas getan wird und woher die Tradition eigentlich stammt, das ist oft längst vergessen oder wenigstens nicht im allgemeinen Bewusstsein. Das trifft auch auf den 2. Februar zu. Seit dem Kinohit "Und täglich grüßt das Murmeltier" von 1993 mit Bill Murray in der Hauptrolle schaut die halbe Welt Anfang Februar auf das 5000-Einwohner-Örtchen namens Punxsutawney in Pennsylvania.
Wie im Film sagt dort jedes Jahr Anfang Februar ein "Phil" genanntes Murmeltier voraus, wann der Frühling beginnen wird – und zwar dadurch, ob er sich aus seinem Bau traut oder eben nicht. Was kaum jemand weiß: Der "Groundhog Day" ist nur als Event typisch amerikanisch. Grundsätzlich aber handelt es sich um eine Show-Adaption einer alten Bauernregel aus Deutschland.
Konkret dürfte es sich um diesen überlieferten Spruch handeln: "Sonnt sich der Dachs in der Lichtmess-Woch', kriecht er noch sechs Wochen in sein Loch". (Was es mit "Lichtmess" auf sich hat, dazu später mehr). Da es in Nordamerika keine Dachse gibt, die deutschsprachigen Einwanderer in der neuen Welt aber an ihren alten Traditionen festhielten, musste ein Ersatz her: das Murmeltier eignete sich am besten.
Spannung am Groundhog Day: Wie reagiert Murmeltier Phil?
Auch am Murmeltiertag heißt wie es beim Dachs: sieht "Punxsutawney Phil" seinen Schatten – "sonnt" er sich also – erschrickt er sich dermaßen, dass er für weitere sechs winterliche Wochen in seinen Bau flüchtet. Bleibt "Phil" draußen, liegt der Frühling schon in der Luft. So die Legende. Dass das auch virtuell funktioniert, darf bezweifelt werden, aber die Menschen aus Punxsutawney halten den Brauch auch in Corona-Zeiten lebendig.
Warum ist der Murmeltiertag am 2. Februar?
Aber warum findet das alles ausgerechnet am 2. Februar statt? Wie so oft liegen die Wurzeln in einer Mischung aus christlichen Traditionen und darauf aufbauenden alltäglichen Gepflogenheiten im Verlauf eines Jahres. Es ist der 40. Tag nach Weihnachten, also der Geburt Christi. Begangen wird laut Kirchenjahr an diesem Tag das Fest der "Reinigung der seligen Jungfrau Maria", volkstümlich auch zumeist "Mariä Lichtmess" genannt. 40 Tage deshalb, weil laut biblischen Zusammenhängen die Frau nach der Geburt eines Sohnes für 40 Tage als unrein galt (nach der Geburt einer Tochter 80 Tage) – eine glücklicherweise überholte Sichtweise, die mit ein Grund dafür sein dürfte, dass der "Lichtmess"-Tag heute kaum noch eine Rolle spielt. Bis 1912 war der 2. Februar dagegen zumindest in Bayern noch ein gesetzlicher Feiertag.
Trotzdem: Mit dem biblischen Verständnis der Erneuerung und Reinigung einher ging die Wahrnehmung, dass im Februar die Tage allmählich auch spürbar etwas länger werden – und zwar um eine runde Stunde im Vergleich zum Tag der Wintersonnenwende am 21. Dezember. Das bedeutete, dass unter günstigen Umständen wieder mit Feldarbeit begonnen werden konnte. Daher galt der 2. Februar als Beginn des Bauernjahres. Grund genug dafür, an diesem Tag Bräuche, Sprichwörter oder Wetterregeln festzumachen – so wie eine Vorausschau, wann es endlich Frühling und wärmer wird. Eine weitere Bauernweisheit, die auch Grundlage für den Murmeltier-Brauch in Pennsylvania sein dürfte, lautet: "Ist's zu Lichtmess klar und hell, kommt der Frühling nicht so schnell".
Lichtmess – Ende der Weihnachtszeit
Der Murmeltiertag (hier können Sie das Ereignis auch live verfolgen) ist nicht der einzige Brauch, der mit dem 2. Februar verbunden ist. Während "Phil" und seine Nachfahren seit 1887 befragt werden, sind in Spergau, einem Stadtteil von Leuna, schon seit dem 17. Jahrhundert Gestalten in farbenprächtigen Kostümen unterwegs, die "Lichtmessläufer", die wohl frühe Vorboten des Frühlings darstellen sollen. Die "Spergauer Lichtmess" wird immer am ersten Sonntag des Februars gefeiert, nicht aber vor dem 2. Februar. Seit 2018 ist sie im "Bundesweiten Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes" verzeichnet. Auch die Thüringer, die um den 2. Februar traditionell Karnevalsumzüge veranstalten, handeln nach einem alten Brauch, wonach in einigen Gegenden Deutschlands der Lichtmess-Tag als der Beginn der Karnevalszeit gilt.
Und noch etwas: In manchen Fenstern und auf einigen Balkonen ist Anfang Februar immer noch Weihnachtsbeleuchtung und -dekoration zu sehen. Sofern es den Bewohnern bewusst ist, sind sie mit dem Abhängen nicht spät dran, sondern man folgt der alten Tradition, dass die Weihnachtszeit an Lichtmess endet. Dem Tag, an dem die Mutter Jesu' wieder "rein" ist, und dem Tag, an dem die Zeit endet, in der nach früheren Tagesabläufen bei künstlichen Lichtquellen gearbeitet werden musste. "Maria Lichtmess, bei Tag z'Nacht gess" lautet eine weitere Volksweisheit. Da braucht man dann auch keine Lichter im Fenster mehr.
Spannend wird in diesem Jahr werden, ob "Punxsutawney Phil" seinen Schatten sieht. Hoffentlich nicht. Denn wie heißt es doch in den Bauernregeln? "Ist's an Lichtmess hell und rein, wird ein langer Winter sein."