Aus den heimischen Medien erfährt die russische Bevölkerung kaum etwas über den Krieg in der Ukraine – und schon gar nicht die Wahrheit. Stattdessen wird über Zeitungen, Online-Portale und Fernsehsender die Propaganda des Kreml verbreitet. Doch der Krieg dauert schon fast fünf Monate an, viele russische Soldaten sind gefallen, die Familien trauern. Die russische Staatspropaganda versucht allerdings, diese Verluste sogar als Chance für die Angehörigen darzustellen.
In einem Beitrag des staatlichen Fernsehsenders "Rossija 1" ("Russland 1") wird gezeigt, welche Entschädigungen Familien der gestorbenen russischen Soldaten winken. Die russische Regierung hat laut der staatlichen Nachrichtenagentur Interfax den Hinterbliebenen 7,4 Millionen Rubel, umgerechnet nach aktuellem Kurs etwa 130.000 Euro, versprochen. Der Sender zeigt die Familie eines 31-Jährigen, der schon drei Tage nach Kriegsbeginn in der Ukraine gestorben ist.
Ukraine-Krieg: Russische Familien werden mit Geld abgespeist
Von dem Geld, das sie für den Tod ihres Sohnes bekommen haben, haben sich die Eltern ein neues Auto gekauft. Stolz präsentieren sie ihren neuen Wagen der russischen Marke Lada. Sein Sohn habe sich immer ein solches weißes Auto gewünscht, sagt der Vater. Mit der Entschädigung können sich zumindest die Eltern nun diesen Wunsch erfüllen, als Andenken an ihr Kind. Die erste Fahrt führt zum Friedhof.
Ihr gefallener Sohn ist für Mutter und Vater ein Held: Wie seine Urgroßväter und Großväter habe er gegen den Faschismus gekämpft. Kritik am russischen Regime, dass den Krieg verursacht und ihren Sohn damit getötet hat, gibt es im Beitrag nicht.
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"Das kann man sich nicht ausdenken", kommentiert Francis Scarr, Russland-Experte der BBC, den Beitrag. In der Propagandasprache werden die Entschädigungszahlungen "Sarggeld" genannt, offiziell heißen sie "Pauschalbeihilfe für die Familie des Verstorbenen". Es ist jedoch fraglich, ob die Entschädigungen wirklich so hoch ausfallen – und wie viele Familien sie überhaupt erhalten.
Zahl der gefallenen russischen Soldaten unklar
An einem baldigen Frieden jedenfalls scheint Russlands Präsidenten Wladimir Putin nicht gelegen zu sein, vielmehr bemüht er sich, die Familien mit Geld abzuspeisen, deren Söhne nicht wieder heimkehren.

Wie viele russische Soldaten bisher in der Ukraine gefallen sind, ist unklar. Das russische Verteidigungsministerium macht dazu kaum Angaben. Kremlsprecher Dmitri Peskow hatte im April allerdings "bedeutende Verlusten" eingestanden: "Das ist eine gewaltige Tragödie für uns." Die britische Regierung hatte zuletzt Mitte Mai von 15.000 getöteten russischen Soldaten gesprochen. Das ukrainische Medium "The Kyiv Independent" beziffert die russischen Verluste unter Berufung auf das ukrainische Verteidigungsministerium auf mehr als 38.000 Soldaten.
Quellen: Francis Scarr auf Twitter / Interfax / "The Kyiv Independent"