Weltreise zu Pferde "Das ist keine Reise, das ist mein Leben"

Günter Wamser aus Baden-Württemberg ist seit elf Jahren unterwegs: Zu Pferde durchquert er den amerikanischen Kontinent. Die aktuelle Etappe: von Mexiko nach Kanada. stern.de erreichte den Abenteurer in Creede/Colorado, wo er gerade Rast machte.

Als Sie 1994 aufbrachen, hatten Sie vier bis fünf Jahre für die gesamte Reise von Süd- nach Nordamerika eingeplant. Nun haben Sie schon bis zur US-amerikanischen Grenze elf Jahre benötigt. Weshalb so lange?

Als ich damals aufbrach, war ich noch ein wenig naiv. Auf solch einer Reise kommt immer etwas dazwischen - mal sind es Probleme bei Grenzübertritten wie beispielsweise bei der Einreise nach Peru. Die kostete mich mehrere Wochen, weil die Behörden immer neue Papiere forderten. Manchmal gefällt es mir aber auch irgendwo so gut, dass ich länger bleibe. Außerdem bin ich ja mit Pferden unterwegs und muss auch darauf Rücksicht nehmen - einmal habe ich ein ganzes Jahr lang pausiert, weil eines meiner Pferde verletzt war.

Worin liegt der Reiz, permanent unterwegs zu sein?

Für mich ist es ganz einfach das Lebensgefühl, morgens aufzubrechen und nicht zu wissen, was im Laufe des Tages passiert und wo man abends ankommt. Und es sind natürlich die Erlebnisse mit Menschen. Das hört sich ja alles so romantisch an, zu Pferde unterwegs. Aber es gibt auch viele Schwierigkeiten, und die meisten Menschen würden diese Art des Reisens wohl gar nicht genießen können. Wenn man im Wald im Regen steht und friert, kann es auch ganz schnell unangenehm werden.

Es gibt also selbst für Sie immer noch Neues?

Klar, jeder Tag ist unvorhersehbar. Und manchmal ist man auch nach vielen Jahren noch richtig dumm: Erst vor wenigen Tagen sah ich einen Elch, stieg schnell ab, um ihn zu fotografieren - und als ich fertig war, waren die Pferde weggelaufen.

Günter Wamsers Reisebericht...

...ist im Eigenverlag erschienen und unter www.abenteuerreiter.de erhältlich. Dort finden sich auch die Termine der Diavorträge Wamsers.

Fragen Sie sich manchmal nach dem Sinn all dieser Strapazen?

Ich habe mir damals zu Beginn geschworen: wenn der Moment des Zweifelns einmal kommt, dann höre ich sofort auf. Bislang ist das nicht geschehen, das Leben auf Reisen passt wohl tatsächlich zu mir. Selbst wenn ich auf einiges verzichten muss und es keinen Luxus gibt. Es gibt ja noch nicht mal ein Ankommen. Es geht ums Unterwegssein.
Die wichtigste Sache, die ich in all den Jahren gelernt habe: mir darüber bewusst zu sein, was ich habe - und damit dann auch zufrieden sein.

Wie haben Sie vor Beginn der Reise gelebt?

Ich habe ganz normal gearbeitet, als Flugbetriebsmechaniker bei Aero Lloyd. Aufgewachsen bin ich in Rauenberg, einem 600-Seelen-Dorf. Da konnte man überhaupt nichts erleben, und keiner meiner Freunde und Verwandten hat den Hintern hoch bekommen.

Wie kamen Sie dann auf die Idee, Deutschland zu verlassen?

Mit 18 kaufte ich mir ein Motorrad und begann die Welt zu erkunden, zumindest innerhalb des Jahresurlaubs. Zwischen 1986 und 1990 war ich zum ersten Mal länger unterwegs - auch in Südamerika. Ich war von dem Kontinent begeistert. Heute weiß ich aber, dass ich damals nur an allem vorbeigerast bin, ohne wirklich etwas zu sehen und mitzubekommen. Zufällig bin ich in dieser Zeit auch erstmals auf ein Pferd gestiegen und habe den Reiz dieser Art der Fortbewegung entdeckt. Ich las dann einige Bücher über Weltdurchquerungen zu Pferde, die mich faszinierten. Da war mir klar, dass ich genau das auch machen wollte.

Seither leben Sie ohne festen Job - wie finanzieren Sie sich?

Damals hatte ich einiges gespart und kam damit auch zunächst gut über die Runden. Mittlerweile ist dieses Geld aber aufgebraucht, und ich finanziere die Tour in erster Linie über Diavorträge, für die ich regelmäßig nach Deutschland zurückkehre. Außerdem habe ich in diesem Frühjahr ein Buch veröffentlicht und schreibe Erlebnisberichte für Pferdezeitschriften. Wenn ich sparsam bin, klappt es so ganz gut - man muss ja auch bedenken, dass man in Südamerika weitaus günstiger lebt als in Deutschland.

Wird es irgendwann eine Rückkehr ins alte Leben geben?

Im Augenblick mache ich mir darüber keine Gedanken. Vielleicht habe ich irgendwann das Bedürfnis, wieder sesshaft zu werden. Dann werde ich das auch tun. Ich bin ja nie aus Deutschland geflüchtet - ich kehre immer gern zurück.

Denken Sie manchmal über Ihre Altersvorsorge nach?

Darüber werde ich nachdenken, wenn ich alt bin. Wobei ich hin und wieder schon merke, dass der Körper nicht mehr ganz so leistungsfähig ist wie früher. Wenn ich abends steif vom Pferd steige beispielsweise. Aber dann denke ich: Zur Not kann ich später immer noch nebenher laufen. Erst neulich ist ein 70-jähriger Amerikaner quer durch sämtliche Bundesstaaten gelaufen - ich habe also noch etwas Zeit.

Ist denn für die Zeit nach Abschluss dieser Tour schon etwas Neues geplant?

Erst einmal möchte ich Kanada erreichen - das sollte bis zum Herbst 2008 geschehen. Dann werde ich wieder Diavorträge halten, und dann schaue ich weiter. Ich kann mir gut vorstellen, weiterhin mit Pferden zu reisen. Vielleicht mal Richtung Norden, Sibirien oder Russland. Mal sehen.

Interview: Maike Strietholt

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