Ich gebe zu, bislang war ich nur gelegentlicher Bio-Käufer. Bei Obst und Gemüse war meine Wahl nie allzu sehr von "Bio oder nicht Bio" geprägt, sondern eher davon, wie es aussieht, wie es riecht und schmeckt und vor allem auch ob ich es überhaupt kenne. Bis ich die Bio-Kiste orderte. Jede Woche kommt nun ein Lieferdienst und bringt mir eine Pfandkiste mit einem frischen Allerlei ins Haus. Sozusagen der Pizza-Service für Biofans. Oft stehen verschiedene Größen und Inhalte zur Auswahl: Roh- oder Schonkost, Obst oder Gemüse, Obst und Gemüse- oder die Überraschungskiste. Ich liebe Überraschungen!
Die Bio-Kiste
Bio-Kisten – auch Bio-Abo, Abo-Kiste oder ähnlich genannt – werden in verschiedenen Größen und Zusammenstellungen angeboten. Es gibt sie meist in klein, mittel und groß, nur mit Obst oder Gemüse oder gemischt, als Schon-, Rohkost- oder Überraschungs-Kiste. Der Preis liegt, je nach Größe und Inhalt, etwa bei 10-25 Euro pro Lieferung. Wöchentliche, aber auch 14-tägige Liefertermine sind üblich. Die Bio-Kisten werden meist von Bio-Höfen selbst vertrieben und ausgeliefert, können aber auch oft in Naturkost-Läden und auf Wochenmärkten bestellt werden. Ob man in der Großstadt oder auf dem platten Land wohnt, ist für die Bio-Kiste egal: Einige Bio-Höfe verschicken sie auch bundesweit. Dennoch emopfiehlt es sich, um lange Transportwege zu vermeiden, zunächst in der näheren Umgebung nach einem Anbieter suchen.
Schon am folgenden Tag, kurz vor Weihnachten, stand sie dann zum ersten Mal in meiner Küche – randvoll gefüllt mit Gemüse. Klar, das übliche, das ich sonst auch kaufe, war dabei: Kartoffeln, Möhren, Porree, Sellerie, Zwiebeln, Tomaten, Salat und Petersilie und Petersilienwurzel, Kresse und eine Gurke, ein kleiner Wirsing und – passend zu Weihnachten – natürlich Rotkohl. Aber noch ein paar andere Dinge gab die Kiste her: Schwarzer Rettich – den hatte ich immerhin schon mal als Suppe gegessen –, Pastinaken – von denen hatte ich immerhin schon mal gelesen – und Steckrüben – die ich sehr liebe, aber dazu später mehr… – und ein undefinierbares Gemüse, das, wie ich heute weiß, Topinambur heißt und sehr lecker ist.
Wohin mit dem ganzen Gemüse?
Die Feiertage ließen mir ein bisschen Zeit, Undefinierbares zu definieren, das Kochbuch meiner Großmutter auf Rezepte von bisher Ungekochtem zu durchsuchen (viele Anbieter liefern aber auch gleich Rezepte) und meine Küche in ein Versuchslabor zu verwandeln. Mein erstes Fazit: Begeisterung! Sollte es wirklich so leicht sein, sich abwechslungsreich und gesund zu ernähren? Bei näherer Betrachtung musste ich mich dann aber doch fragen: Wie bringt zum Beispiel jemand, der in einer 2-Zimmer-Wohnung lebt, das ganze Gemüse unter? Ein handelsüblicher Kühlschrank könnte ausreichen. Aber dann müssten wahrscheinlich alle anderen Lebensmittel das Feld räumen. Aber vielleicht geht der Trend ja zum Zweitkühlschrank – nicht unbedingt umweltfreundlich.
Noch im alten Jahr kam die zweite Überraschungskiste: Neben dem Üblichen waren wieder Pastinaken dabei – Möhren-Pastinaken-Gemüse ist sehr zu empfehlen – und Teltower-Rübchen, die wieder Omas Kochbuch bemühten. Und natürlich meine geliebten Steckrüben. Wieder folgte eine Woche des emsigen Ausprobierens. Mein Freund hatte Urlaub und verbrachte viel Zeit mit mir in der Küche, um hingebungsvoll Gemüse zu schälen und zu schnitzen, um mich bei meinen ambitionierten Koch-Versuchen bestmöglich zu unterstützen. Das Ergebnis konnte sich eigentlich immer sehen und gut essen lassen.
Schon wieder Steckrüben?
Erst im neuen Jahr wurde die Sache langsam schwieriger: Mein Freund musste wieder zur Arbeit und auch auf meinem Schreibtisch türmte sich das Liegengebliebene. Am Tag der Lieferung fehlte mir die Zeit, alles Gemüse ordentlich und seiner Natur entsprechend zu verstauen. So wanderte die gesamte Kiste erst einmal zur Kühlung auf den Balkon. An diesem Abend gab es – ganz unkorrekt – Spaghetti (immerhin Vollkorn) mit Hackfleischsoße (nicht Bio, was mein Gewissen arg belastete). Erst am nächsten Morgen dachte ich wieder an die Kiste. Dass Salat, Gurke und Kräuter den Nachtfrost nicht überlebt haben, muss ich wohl nicht näher erläutern. Da ich in Eile und inzwischen des Steckrüben-Kochens mehr als mächtig war, gab es an diesem Tag mal wieder Steckrüben, die von meinem Freund mit einem kaum sichtbaren Heben der Augenbraue quittiert wurden. Auch die nächste Woche war stressig. Immerhin beging ich diesmal nicht den Fehler, die gesamte Kiste auf den Balkon zu stellen, sondern fischte zunächst alles Kälteempfindliche raus. Aber zubereitet wurde zunächst nur das, was schnell ging und keine allzu großen Rezeptfindungen bedurfte. So begab es sich, dass es gestern wieder Steckrüben gab – diesmal aber ganz extravagant als Kräuter-Kartoffel-Steckrüben-Püree! Insgeheim hatte ich vielleicht gehofft, er merkt es nicht: Doch statt das perfekte Bio-Kalbsschnitzel zu loben, zog mein Freund wieder verdächtig die Augenbraue hoch und sagte ganz ruhig: „Entweder die Steckrüben gehen – oder ich.“ Aber keine Angst: die Bio-Kiste bleibt – und mein Freund auch. Ich habe gerade bei meinem Bio-Bauern angerufen und von Überraschungs- auf Gemüsekiste umgestellt. Da kann ich nämlich angeben, welches Gemüse ich nicht haben möchte.