Die Weltraumsonde "Rosetta" hat bei ihrem tiefsten Vorbeiflug aus nur sechs Kilometer Entfernung detailreiche Fotos vom Kometen Tschuri geschossen. Europäische Wissenschaftler untersuchen mit dem besonders präzisen "Rosetta"-Kamerasystem Osiris, wie Gas und Staub aus dem Brocken austreten. Osiris kann die chemisch-mineralogische Zusammensetzung der Kometenoberfläche erfassen.
"Es gibt austretende Gase, die man nur 'schmecken' kann, wenn man Tschuri auch nahe genug ist. Das gilt auch für den Staub", sagte "Rosetta"-Flugdirektor Andrea Accomazzo von der Europäischen Raumfahrtagentur (Esa) in Darmstadt. "Deshalb machen wir die Tiefflüge."
Erste Fotos einer Navigationskamera sollen an diesem Montag vorliegen. Bis zur Veröffentlichung der "fünfmal präziseren Aufnahmen" von Osiris dürfte es noch einige Tage dauern. "Rosetta" ist derzeit rund 500 Millionen Kilometer von der Erde entfernt.
Der Vorbeiflug an dem Kometen, der mit vollem Namen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko heißt, erfolgte wie geplant am Samstag um etwa 13.40 Uhr. Einen Tag vor dem Manöver hatte "Rosetta" zu Tschuri noch eine Distanz von etwa 100 Kilometern gehabt. Gesteuert wird die Raumsonde vom Satelliten-Kontrollzentrum der Esa in Darmstadt. In Kometen stecken die wahrscheinlich ältesten weitgehend unveränderten Reste aus der Zeit vor 4,6 Milliarden Jahre, in der sich das Sonnensystem bildete.
Waschmaschine im Winterschlaf
Nach der Aktion am Samstag zieht sich die Sonde erst mal wieder auf einen größeren Abstand zurück. Im "Rosetta"-Twitter hieß es, am Dienstag könnten 253 Kilometer Distanz erreicht sein. Weitere Annäherungen sind geplant - allerdings nicht mehr so nahe wie bei diesem Extrem-Tiefflug, dann womöglich höchstens bis auf einen Abstand von zehn Kilometern. "Tschuri" ist Richtung Sonne unterwegs und wird aktiver, sein Schweif größer. Er soll ihr im August am nächsten sein.
Im vergangenen November hatte "Rosetta" nach zehn Jahren Flug durch das All das waschmaschinengroße Mini-Labor "Philae" auf dem Kometen abgesetzt. Esa schrieb mit dem Erfolg Weltraumgeschichte. Das Mini-Labor macht Pause, die Batterie ist leer. "'Philae' befindet sich zurzeit im Winterschlaf, da die Sonneneinstrahlung für einen Betrieb noch nicht ausreichend ist", sagte "Philae"-Projektleiter Stephan Ulamec vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln. Das DLR rechnet damit, dass sich die Batterie bei besserer Position zur Sonne wieder auflädt und "Philae" sich meldet.
"Zurzeit bereiten wir im DLR die Kommandos für den Betrieb von "Philae" und die wissenschaftliche Arbeit mit seinen Instrumenten vor, um uns auf sein Aufwachen vorzubereiten", sagte Ulamec. "Wir horchen zum ersten Mal im März auf ein Lebenszeichen von "Philae", auch wenn die Chancen für eine Rückmeldung des Landers noch gering sind. In den folgenden Wochen wird die Chance auf eine erfolgreiche Kontaktaufnahme dann aber zunehmend besser."
Noch immer ist nicht ganz klar, wo "Philae" nach der Landung mit den Hopsern genau abgeblieben ist. Gefunden wurde das Mini-Labor bei dem nahen Vorbeiflug am Samstag nicht - konnte es auch nicht. "Wir sind über die andere Seite des Kometen geflogen", sagte Accomazzo. "Wir hatten gar keine Chance."