Evolution Denken statt Kauen

Eine vermutlich vor 2,4 Millionen Jahren aufgetretene Mutation könnte den entscheidenden Schritt zum Menschsein verursacht haben. Sie bewirkte, dass sich die Kaumuskulatur des Menschen verkleinerte und somit Platz für ein größeres Gehirn da war.

Der Mensch hat im Laufe der Evolution sein kräftiges Gebiss gegen ein größeres Gehirn eingetauscht. Das berichten US-Wissenschaftler im britischen Fachblatt "Nature" (Bd. 428, S. 415). Eine winzige Veränderung im Erbgut brachte demnach vor rund 2,4 Millionen Jahren die Entwicklung vom Affen zum modernen Menschen einen großen Schritt voran: Diese Mutation ließ die Kaumuskeln schwächer werden, wodurch der gesamte Schädel eine neue Form annehmen und Platz für ein größeres Gehirn schaffen konnte.

Mutation trat erstmals vor 2,4 Millionen Jahren auf

Die Mutation betrifft das Gen "MYH16", das ein wichtiges Protein der Kaumuskulatur bildet. Bei allen modernen Menschen ist dieses Gen durch die Mutation funktionslos, stellten die Wissenschaftler um Hansell Stedman von der Universität von Pennsylvania (Philadelphia/US-Bundesstaat Pennsylvania) fest. Die Kaumuskeln moderner Menschen sind deutlich kleiner und schwächer als die anderer Primaten, etwa Schimpansen oder Makakken, die eine funktionstüchtige Variante des Gens besitzen.

Die Wissenschaftler ermittelten, dass die Mutation vor etwa 2,4 Millionen Jahren bei den frühen Vorfahren des Menschen aufgetreten sein muss. Aus Untersuchungen von Fossilien wissen Experten, dass ungefähr zu diesem Zeitpunkt erstmals Vormenschen auftraten, die einen runderen Schädel und schwächere Kaumuskeln besaßen Veränderungen, die die Entwicklung der Gattung "Homo" charakterisieren. Stedman und seine Mitarbeiter vermuten nun, dass als Folge der schwächeren Kaumuskulatur die Schädelknochen größer werden konnten, und so einem wachsenden Gehirn ausreichend Platz bieten konnten.

"Verlockende Hypothese"

"Eine verlockende Hypothese", schreibt dazu der australische Forscher Peter Currie vom Victor Chang Cardiac Research Institute in Sydney ("Nature", Bd. 428, S.373). Untersuchungen an Tieren hätten gezeigt, dass sich Veränderungen der Skelettmuskulatur deutlich auf die Knochen auswirken könnten, an denen sie anheftet. Die Studie zeige womöglich den ersten funktionellen genetischen Unterschied im Erbgut von Menschen und nicht-menschlichen Primaten und beschreibe, wie die Evolution des Menschen mechanistisch vonstatten gegangen ist.

DPA

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