Totenmasken Ein Abdruck für die Ewigkeit

Von Tutanchamun gibt es eine, von Agamemnon oder Schiller: Die Totenmaske erlebte ihre Hochzeit in Ägypten, der Antike und der Klassik. Aber auch heutige Normalsterbliche können ihr "letztes Gesicht" in Gips drücken lassen.

Die Tradition der Totenmaske lebt, auch im 21. Jahrhundert. Zumindest, wenn man Zahlen sprechen lässt - und die lassen aufhorchen. Bundesweit, so schätzt der Bundesverband Deutscher Bestatter in Düsseldorf, bieten rund 150 Bestatter das Fertigen von Totenmasken an. Der Bremer Bestatter Volker Stühmer ist einer davon. Seit Ende 2004 offerieren er und seine Mitarbeiter diesen ungewöhnlichen Service.

Aufwändiges Verfahren am toten Körper

Abdrücke von einem Toten zu nehmen, das ist kein einfaches Unterfangen. Thomas Katins vom Beerdigungsinstitut Stühmer weiß, wovon er redet, hat er doch vor kurzem erst eine Ausbildung zum "Totenmaskenbilder" abgeschlossen. Schwierig wird es bei der Arbeit am toten Modell deshalb, weil der Körper kalt ist und die Totenmaske nur sehr langsam trocknet. Eineinhalb bis zwei Stunden dauert es in der Regel, bis der Gesichtsabdruck des Aufgebahrten endlich fertig ist. Das hat aber auch den Vorteil, dass man sich Zeit zum Modellieren nehmen kann.

Zum Weiterlesen:

Michael Hertl: Totenmasken. Was vom Leben und Sterben bleibt. Jan Thorbecke Verlag, Stuttgart 2002

Stühmer bietet Masken aus zwei verschiedenen Materialien an: Gips oder Bronze. Bevor sich die Maskenbildner an die Arbeit machen, wird zunächst der Kopf von verschiedenen Ansichten fotografiert. So können später Falten oder Barthaare exakt nachgeformt werden. Anschließend werden auf das Haupt des Verstorbenen zwei Schichten Silikonmasse aufgetragen. "Das Material hinterlässt bei dieser speziellen Methode fast keine Rückstände", versichert Inhaber Volker Stühmer. Der normale Gips hingegen würde schnell porös und härte nicht durch. Die getrocknete Silikonmaske schicken die Bestatter im Anschluss an das Institut "Körper & Form" in Solingen, wo es ausgegossen und bearbeitet wird. Im Schnitt dauert das Verfahren - je nach Material - zwischen zwei und fünf Wochen.

Kulturgeschichtlich lange tradiert

Die Tradition der Totenmaske, einer besonderen Form des Erinnerns an Verstorbene, ist uralt. Die ursprünglich dämonenabwehrende Bedeutung findet sich noch heute in manchen Naturvölkern, aber auch in Hochzivilisationen wie China, Japan und Indien. Bereits im achten Jahrtausend vor Christus wurden nach den Forschungen von Archäologen Totenschädel in Gips modelliert. In Ägypten wurden Totenmasken aus Gold angefertigt und sollten der Seele des Verstorbenen helfen, den alten Körper wieder zu erkennen.

Besondere Hochzeiten erfuhr der Kult um die Totenmaske in der Antike und der Klassik, die sich bekanntlich auf das Altertum rückbesinnt. Mit dem aufkommenden Geniekult im 19. Jahrhundert wuchs auch die Popularität und Verbreitung der Totenmaske. Ein regelrechter Boom entstand um 1900, mit dem Fund der "Unbekannten aus der Seine". Da die Identität dieser Unbekannten, eines ertrunkenen Mädchens, nicht geklärt werden konnte, hatte man mit der Totenmaske ein Porträt angefertigt, um auch nach der Beisetzung weiter ermitteln zu können. Die Maske inspirierte zahllose Literaten und Künstler dazu, sich mit dem "ewigen Anlitz" zu beschäftigen.

In Deutschland erfreute sich der Maskenkult ernormer Beliebtheit. Von Reformator Martin Luther wurde ebenso eine angefertigt wie vom preußischen König Friedrich dem Großen, den Dichtern Friedrich Schiller und Heinrich Heine, dem Philosophen Blaise Pascal oder vom Komponisten Ludwig van Beethoven.

Auch Beate Uhses totes Anlitz wurde in Gips gedrückt

Über die heutige Nachfrage gibt es keine verlässlichen Angaben. Bekannt ist, dass zum Beispiel von Beate Uhse, der Gründerin des gleichnamigen Erotikkonzerns, auf diese Weise ein letztes Bildnis erstellt wurde. Insgesamt ist die Nachfrage nach Schätzung des Bestatterverbandes aber sehr begrenzt. "Totenmasken werden nie ein Massenprodukt werden", meint Bestatter Stühmer. Noch sei das Grabmal der wichtigste Ort des Gedenkens.

"Wenn Interessenten den Preis hören, winken viele ab", hat Stühmer beobachtet: "Eine Gipsmaske kostet 900 Euro, eine in Bronze 1895 Euro." Gerade nach der Streichung des Sterbegeldes Anfang 2004 seien die Kunden noch sparsamer geworden. "Es fehlt auch einfach noch ein Bewusstsein, dass es so ein Angebot gibt", sagt Stühmer. Er will für die Verbreitung von Totenmasken werben. Verkauft hat er allerdings noch keine.

Claudia Schuh

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