Die Sprachen heißen Tsafiki, Hai//om,! Xoo oder Tofa - und sind vom Aussterben bedroht. Wie diese Sprachen, die in wenigen Jahren voraussichtlich niemand mehr beherrschen wird, dokumentiert werden können, war am Wochenende das Thema einer internationalen Konferenz an der Frankfurter Goethe-Universität.
Tsafiki beispielsweise wird den Wissenschaftlern zufolge nur noch in sieben Gemeinden im Tiefland von Ecuador gesprochen. Hai//om ist die Sprache von Jägern und Sammlern, die ebenso wie !Xoo im afrikanischen Namibia zu finden sei. Nur noch 30 Menschen beherrschten Tofa, die Sprache des gleichnamigen Volkes in Zentralsibirien, das dort in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts unter Stalin zur Sesshaftigkeit gezwungen worden sei.
Globalisierung gilt als Hauptursache des Sprachensterbens
Vor allem durch den Einfluss moderner Kommunikationstechnologien, der Medien und der Verkehrsmittel liefen zwei Drittel der 6500 auf der Erde gesprochenen Sprachen Gefahr, im Laufe der nächsten beiden Generationen zu verschwinden, schätzt der Sprecher der Volkswagenstiftung, die die Konferenz initiiert hat. Als Hauptursache für das Sterben vieler Sprachen gilt die Globalisierung.
"Sie erfasst die entferntesten Gegenden der Welt", betont Vera Szöllösi-Brenig, Mitglied der Abteilung Geistes- und Gesellschaftswissenschaften der Stiftung. "Etwa dann, wenn in einem Indianerdorf im brasilianischen Dschungel der erste Fernseher aufgestellt wird und das nationalsprachige Programm den Konsum-Luxus der westlichen Welt in die kleinste Hütte strahlt." Das Anglo-Amerikanische hingegen sei - anders als oft behauptet - nicht der Hauptverursacher des Sprachensterbens. Die englische Sprache werde vielmehr in den USA derzeit selbst vom Spanischen "massiv bedrängt".
"Es stirbt letztlich ein Stück Vielfalt unserer Welt"
Mit fast zehn Millionen Euro fördert die Volkswagenstiftung seit vier Jahren international die Dokumentation 30 vom Aussterben bedrohter Sprachen. "Ziel ist es, möglichst viele in ihrer Existenz bedrohte Sprachkulturen so weit aufzuzeichnen, dass spätere Generationen anhand des dokumentierten Materials noch die ganze Sprache beschreiben können", heißt es bei der Stiftung. So sind die an dem Projekt beteiligten Wissenschaftler weltweit mit Tonband, Videokamera, Fotoapparat und Notizblock unterwegs, um jene meist nur mündlich vermittelten Sprachkulturen aufzuspüren, die der wachsenden Globalisierung bislang getrotzt haben.
Der Frankfurter Professor Jost Gippert beispielsweise erforscht gemeinsam mit seinen Mitarbeitern in Georgien drei "hochgradig gefährdete kaukasische Sprachen": Svanisch, Tsova-Tuschisch und Udisch. Diese Kommunikationsformen werden nach Darstellung Gipperts derzeit vom Georgischen als Sprache verdrängt und nur noch innerhalb der Familien gesprochen. Gippert schätzt die Zahl derer, die etwa Tsova-Tuschisch sprechen, auf höchstens 1600.
Trotz aller Bemühungen um Dokumentation ist das Sterben vieler Sprachen nicht aufzuhalten - das wurde bei der Konferenz deutlich. Im Untergang einer Sprache sehen die Forscher dabei mehr als das Verschwinden eines Kommunikationsmittels. "Es stirbt letztlich ein Stück Vielfalt unserer Welt", sagt Szöllösi-Brenig.
Christian Rupp, DPA