Weltweit eingesetzte, künstliche Düngemittel auf Stickstoffbasis sind deutlich klimaschädlicher als bisher angenommen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Cambridge University. Demnach sei der Einsatz von Stickstoff-Dünger für mehr Treibhausgase verantwortlich als Flug- und Schiffsverkehr zusammen.
Klimakiller Dünger: Mehr Treibhausgase als Flug- und Schifffahrt zusammen
Auch wenn seit Langem bekannt ist, dass Dünger klimaschädlich ist, wird er nach wie vor flächendeckend eingesetzt – und das weltweit. Wie "Der Standard" berichtet, wurden im Jahr 2018 ungefähr 117,5 Millionen Tonnen Stickstoffdünger produziert. Damit gehört er zur wichtigsten Einnahmequelle für die Petrochemie. Fast die Hälfte der Erdbevölkerung ernährt sich von Lebensmitteln, die unter Einsatz von Stickstoffdünger hergestellt wurden.
Und das wird zunehmend zum Problem. Aus mehreren Gründen: Zum einen ist die gesamte Industrie wegen gestiegener Gaspreise durch den Ukraine-Krieg unter massiven Druck geraten. Ein wichtiger Bestandteil der Düngerproduktion ist Ammoniak, das aus Erdgas gewonnen wird.
Zum anderen wird allmählich deutlich, wie sehr der Dünger das globale Klima belastet. Wie das Forscher-Team der Cambridge University feststellte, sorgt der Einsatz von Stickstoffdünger für Treibhausgasemissionen in der Größenordnung von 2,6 Milliarden Tonnen jährlich – mehr als der weltweite Flug- und Schiffsverkehr zusammen.
Doch nicht nur die Produktion des Düngers stellt ein Problem dar. "Es ist unglaublich, dass wir nicht wissen, wie viele Chemikalien wir weltweit produzieren, wo sie landen, wo und wie sie sich anreichern, wie viele Emissionen sie verursachen und wie viel Abfall sie erzeugen", so André Cabrera Serrenho, einer der Autoren der Studie. Die Produktion sei nur für etwa ein Drittel der Emissionen verantwortlich. Die weiteren Anteile entfielen auf die "Ausbringung", also den Einsatz des Düngers.
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Zu diesem Ergebnis kamen die Forscher, weil sie den gesamten Lebenszyklus des Düngers aufschlüsseln konnten. "Es war überraschend, dass dies die größte Emissionsquelle war", sagte Serrenho. Die Ergebnisse geben nun Aufschlüsse darüber, welche Maßnahmen getroffen werden können, um die negativen Auswirkungen zu begrenzen.
Viele Möglichkeiten seien demnach schon bekannt, so die Forscher. So könnte durch die Dekarbonisierung des Ammoniak in der Produktion bereits ein Schritt gemacht werden. Zudem könnten Chemikalien hinzugegeben werden, um klimaschädlichem Lachgas entgegenzuwirken, das bei der Produktion als Nebenprodukt anfällt. Die Wissenschaftler betonen, dass die Herstellung durch diese Maßnahmen allerdings teurer werden würde und schlagen deshalb Kompensationszahlungen für die Betriebe vor.
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Ein noch wesentlich größerer Effekt könne aber ganz praktisch erreicht werden, so die Forscher: "Wir sind unglaublich ineffizient beim Einsatz von Düngemitteln", erklärte Serrenho. "Wir verbrauchen viel mehr als nötig." Das sei nicht nur klimaschädlich, sondern auch unwirtschaftlich.
Laut einer Studie aus dem Jahr 2015 kommen nur 42 Prozent des eingesetzten Düngers auch wirklich bei den Pflanzen an. Mehr als die Hälfte werde also unnötig verstreut. Laut der Cambridge-Forscher sei es möglich, die Effizienz auf 67 Prozent zu erhöhen. Zudem könnte der emissionsstarke Harnstoff aus Ammoniumnitrat ersetzt werden.
Grundsätzlich sei es möglich, die Treibhausgase um bis zu 80 Prozent zu reduzieren, ohne die Produktivität zu verlieren, so die Forscher. "Wir müssen die richtige Mischung aus finanziellen, technologischen und politischen Lösungen finden, um die Emissionen zu reduzieren und gleichzeitig die Welt zu ernähren", fordert Serrenho.
Quellen: Der Standard, Studie University of Cambridge