Auf der Suche nach Schätzen der Menschheit gehen Archäologen in die Luft. "Aus rund 400 Metern Höhe sieht die Erde wie ein aufgeschlagenes Geschichtsbuch aus", sagt der Luftbildarchäologe Ralf Schwarz. Es sei ein Flug durch die Geschichte der Menschheit. "Jeder Graben, der vor Jahrtausenden ausgehoben wurde, und auch jede Flakstellung aus dem Zweiten Weltkrieg, sind als Umrisse heute noch deutlich sichtbar."
"Grundlage für Ausgrabungen"
"Die Stärke der Luftbildarchäologie ist, dass Fundstellen schnell und genau erfasst werden. Die Luftbilder können als Grundlage für Ausgrabungen dienen", erläutert der Wissenschaftler. Landesmuseum und archäologisches Denkmalamt in Halle (Sachsen-Anhalt) haben als eine der wenigen Einrichtungen in Deutschland eine eigene Abteilung Luftbildarchäologie.
Berühmt wurde die Luftbildarchäologie mit dem 1991 auf einem Feld bei Goseck (Landkreis Merseburg-Querfurt) entdeckten ältesten Sonnenobservatorium der Welt. Aufgrund dieser Aufnahmen konnten dann im Jahr 2003 die Grabungen beginnen.
Schwarz startet pro Jahr zu rund 25 Erkundungsflügen, was ungefähr rund 100 Flugstunden entspricht. Ausgerüstet mit mehreren Kameras erkennt der Wissenschaftler anhand des Pflanzenwuchses auf den Feldern die Überreste der Menschheitsgeschichte. "Beispielsweise wächst das Getreide an Stellen nicht so hoch, wo einst eine Mauer stand. Umgekehrt verhält es sich mit Löchern, in denen früher Pfosten eingerammt waren. In diesen reicht der Humus tiefer hinein, die Pflanze kann tiefer wurzeln und hat mehr Nährstoffe zur Verfügung. Somit stehen an den Pfostenlöchern die Pflanzen höher", erklärt Schwarz.
5500 neue Fundstellen
Der Archäologe fliegt gern am späten Nachmittag, weil die langen Schatten über der Landschaft die Umrisse von Wällen, Gräben, Häusern und ganzen Dorfanlagen noch deutlicher abzeichnen. Seit der Wende hat der Archäologe 5500 neue Fundstellen von Gebäuden, Anlagen und Siedlungen der unterschiedlichsten Zeitepochen, aus der Luft entdeckt. "Dazu kommt die Luftbilddokumentation der bekannten Stellen", sagt Schwarz.
Von jeder Fundstelle macht der Archäologe etwa zwölf Bilder, je zur Hälfte Schwarz-Weiß-Aufnahmen und Farbdias. Das Spektrum der Luftbilder reicht von den Siedlungen der ältesten Ackerbauern vor 7500 Jahren, über germanische Dörfer, deutsche und slawische Burgen des frühen Mittelalters bis hin zu den verlassenen Dörfern des 14. und 15. Jahrhunderts.