Der Nutzen von Impfungen überwiegt deren möglichen Nebenwirkungen um ein Vielfaches. Impfungen gegen Kinderlähmung (Poliomyelitis) oder Gelbfieber beispielsweise seien weitaus weniger risikoreich als von vielen angenommen, betont Sieghart Dittmann, stellvertretender Vorsitzender der Ständigen Impfkommission. Aussagen über die angebliche Ineffektivität oder Gefährlichkeit von Impfungen fänden aber gleichwohl zunehmend Anklang, schreibt Dittmann in der April-Ausgabe des Bundesgesundheitsblattes.
Nebenwirkungen werden zu hoch bewertet
Der durchschlagende Erfolg von Schutzimpfungen rücke mögliche Nebenwirkungen unangemessen ins Rampenlicht, meint der Mediziner. »Trat die durch Impfung zurückgedrängte Krankheit nicht mehr auf, wurde jede einzelne Erkrankung nach Impfung als nicht mehr tolerierbar bewertet.« Für einige der durch Impfungen zumindest in den Industriestaaten fast gänzlich ausgerotteten Krankheiten liegen Daten vor, die eine Nutzen-Risiko-Bewertung erlauben.
Krankheitsfälle gehen nach Impfung fast vollständig zurück
Durch die Poliomyelitis-Schluckimpfung kann demnach unter 2,5 bis 4 Millionen Geimpften ein einziger Fall von Kinderlähmung auftreten, der auf den Impfstoff zurückzuführen ist. Bei der Masern-Mumps-Röteln-Kombinationsimpfung wurde pro 10 000 Impfungen eine Mumps- Erkrankung beobachtet. Im Zusammenhang mit dem Gelbfieber-Impfstoff wurden innerhalb von 40 Jahren 21 Fälle von Infektionen des zentralen Nervensystems (Enzephalitiden) bei Säuglingen und 3 Verdachtsfälle bei Erwachsenen zusammengetragen. Bei der Masernimpfung liegt die Rate zwischen 1 und 6 Enzephalitiden pro 100 000 Impfungen.
Vor 25 Jahren waren weltweit nur 5 Prozent der Kinder gegen Tuberkulose, Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten, Kinderlähmung und Masern geschützt, heute sind es nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) 80 Prozent. »Dadurch konnte jährlich des Leben von drei bis vier Millionen Kindern gerettet sowie schwere Restschäden durch diese Krankheiten bei einer weiteren Million Kinder vermieden werden«, schreibt Dittmann. Die Hepatitis-B-Impfungen im Rahmen des Erweiterten Impfprogramms (EPI) der WHO bewahrten jährlich zwei bis drei Millionen Kinder vor chronischer Gelbsucht mit den möglichen Folgen Lebervergrößerung (Zirrhose) und Leberkrebs.
Komplikationen sind selten
Keine Impfung ist vollständig frei von Nebenwirkungen, doch gesundheitlich bedeutsame Impfkomplikationen sind sehr selten. Viele Impfstoffe verursachen an der Einstichstelle manchmal leichte Rötungen oder Schwellungen. Bei bestimmten Impfstoffen könnten »in höheren Prozentsätzen« Fieber, Unruhe, Appetitlosigkeit und Erbrechen auftreten, erläutert Dittmann. Dazu gehören der früher benutzte Keuchhusten-Impfstoff aus vollständigen Bakterien, der Milzbrand- Impfstoff sowie Typhus- und Cholera-Impfstoffe. Alle diese Impfungen sind in Deutschland nicht üblich.