Wie entstehen Psychosen?
Lange beschäftigten sich Menschen mit dieser Frage, und sie gaben, je nach Kulturkreis und Epoche, Geistern die Schuld, dem Teufel, schlechter Ernährung oder dominanten Müttern. Heute gehen Psychiater und Psychiaterinnen vom Vulnerabilitäts-Stress-Modell aus. Demnach reagieren manche Menschen, teils erblich bedingt, besonders empfindlich auf seelische Enttäuschungen, beruflichen Stress, körperliche Erkrankungen. Ihre Seele hat nur eine "dünne" Außenhaut. Wird das Leben dieser Menschen durch außerordentliche Schicksalsschläge zusätzlich belastet, kann die dünne Außenhaut zerreißen und eine Psychose ausbrechen. Die Krankheit tritt häufig aber auch ohne erkennbaren äußeren Grund auf.
Im Gehirn kommt es dabei zu biochemischen Veränderungen: Betroffene leiden unter einem Dopaminüberschuss. Der Botenstoff spielt eine wichtige Rolle bei der Weiterleitung von Außenreizen. Sind die Dopaminwerte erhöht, werden Reize zigfach verstärkt, und die Filterfunktion des Gehirns ist gestört. Es kann angesichts der einströmenden Reize nicht mehr zwischen wichtig und unwichtig unterscheiden – Fantasien, Wunschträume oder Ängste werden als vermeintliche Wirklichkeit erlebt.
Wie wirken Antipsychotika?
Antipsychotika blockieren Dopamin-Andockstellen im Gehirn und verhindern so eine verstärkte Weiterleitung von Reizen. Man unterscheidet zwischen typischen und atypischen Antipsychotika. Typika wie Haldol kamen in den 1950er-Jahren auf den Markt. Es markierte den Beginn einer pharmakologischen Umwälzung. Erstmals hatten Mediziner überhaupt Medikamente für schwerst psychisch kranke Menschen, die zuvor häufig unter unwürdigen Bedingungen in Anstalten verwahrt worden waren. Die Mittel wirken stark sedierend und lindern Symptome wie Wahnerlebnisse und Stimmenhören, haben aber auch starke Nebenwirkungen, unter anderem Muskelkrämpfe, Bewegungsdrang, maskenhafter Gesichtsausdruck, Muskelsteifigkeit, Zittern. Auch wurden die Medikamente häufig überdosiert.
In den 1990er- und den Nullerjahren entwickelte die Pharmaindustrie sogenannte atypische Antipsychotika wie Risperdal, Seroquel und Abilify. Auch sie wirken zuverlässig gegen psychotische Symptome. Zudem können sie Antrieb und Willenskraft stärken. Das Risiko etwa für parkinsonähnliche Störungen ist bei ihnen deutlich geringer, deshalb der Name "atypisch". Zu den Nebenwirkungen zählen Müdigkeit, Störungen des Fett- und Zuckerstoffwechsels, Gewichtszunahme. Psychiater empfehlen dennoch vielen Patienten, sie dauerhaft einzunehmen, um Rückfällen vorzubeugen.