WWF-Fischführer Umweltschutz am Esstisch

Fisch sei eine endliche Ressource, warnt der WWF anlässlich des Welternährungstages und macht dabei auf seinen "Fischführer" aufmerksam. Doch in diesem bewirbt der WWF ausgerechnet eine Firma als Partner, die jene Fische vertreibt, die im Führer als besonders bedroht ausgewiesen werden.

Für die Fischereibetriebe mag es eine gute Nachricht sein, doch Umweltschützer schlagen Alarm: Im vergangenen Jahr brutzelte so viel Fisch in deutschen Bratpfannen wie seit 100 Jahren nicht mehr. Der Pro-Kopf-Verbrauch betrug 2006 nach Angaben des Hamburger Fisch-Informationszentrums (FIZ) 15,5 Kilogramm (Fanggewicht). 2005 seien es noch 14,8 Kilogramm gewesen. Und für 2007 erwarte die deutsche Fischwirtschaft sogar noch weitere Zuwächse. Für die Umweltstiftung WWF sind das alarmierende Zahlen. Anlässlich des Welternährungstages warnt WWF-Meeresexpertin Heike Vesper auf der stiftungseigenen Internetseite: "Fisch ist eine endliche Ressource. Letztlich entscheidet der Kunde an der Fischtheke, ob wir unsere Ozeane weiter rücksichtslos ausbeuten oder ob wir sie nachhaltig nutzen."

Fischführer hilft beim Einkauf

Um dem umweltbewussten Fischliebhaber die Entscheidung an der Fischtheke zu erleichtern, stellt der WWF im Internet einen kostenlosen "Fischführer" bereit. Basierend auf Auswertungen des niederländischen Instituts "Stichting de Noordzee", gibt der Führer Aufschluss über 40 Fischarten. Bei den Kaufempfehlungen geht es aber nicht nur um die Bestandsentwicklung der jeweiligen Fischsorte, sondern auch um die Auswirkungen ihrer jeweiligen Fangmethoden. In einer dreigliedrigen und ampelfarbenen Tabelle kann der Verbraucher in dem Führer auf einen Blick erkennen, welchen Fisch er ruhigen Gewissens kaufen kann und welchen nicht. In der grünen Spalte sind unter der Überschrift "Annehmbar" alle Fischarten aufgelistet, die bedenkenlos eingekauft werden können, darunter Bio-Lachs, Eismeergarnelen, Heilbutt, Hering und Forelle. In der orangefarbenen Spalte die "bedenklichen"-Fischarten (zum Beispiel: Thunfisch, Makrele, Schellfisch) und in der Roten diejenigen, von deren Kauf abzuraten ist (zum Beispiel: Aal, Scholle, Snapper). Laut des WWF-Führers gelten zwölf Arten demnach als gute Wahl, 13 als bedenklich und 15 fallen in die Kategorie bedroht.

Die gute Nachricht dürfte dabei sein, dass der Deutschen liebster Fisch, der Alaska Seelachs, Grundlage eines jeden Fischstäbchens, in die Kategorie "annehmbar" fällt. Allerdings ist der Seelachs laut "WWF-Fischführer" nur dann eine gute Wahl, wenn er das blaue Siegel des MSC ("Marine Stewardship Council") trägt. Der MSC wurde 1997 als Reaktion auf die weltweite Fischereikrise gegründet. Er ist nach eigenen Angaben eine unabhängige, gemeinnützige Organisation, die sich weltweit für eine nachhaltige und verantwortungsvolle Fischerei einsetzt. Deutsche Verbraucher können laut WWF derzeit neben Alaska-Seelachs auch Alaska-Wildlachs, Hering aus dem Nordostatlantik und südafrikanischen Seehecht mit dem MSC-Siegel kaufen.

Macht der WWF den Bock zum Gärtner?

Vom Kauf anderer beliebter Speisefische rät der "WWF-Fischführer" dagegen ab. Scholle aus dem Nordostatlantik gehört genauso dazu wie Seezunge. Bei ihrem Fang werde der Meeresboden regelrecht umgepflügt, bis zu 80 Prozent der Tiere im Netz werde wie nutzloser Müll einfach über Bord geworfen. Ganz oben in der roten "Bedrohlich"-Spalte des Fischführers steht auch Aal aus Europa. Doch ausgerechnete dieser befindet sich auch im Sortiment der Gottfried Friedrichs KG, ein per Firmenlogo im Fischführer beworbener Partner des WWFs. Wie aber kann es sein, dass eine Firma, die ein Riesensortiment des vom WWF als bedroht eingestuften Aals anbietet, zugleich Partner des "WWF-Fischführers" ist. Macht der WWF damit nicht den Bock zum Gärtner? Ralf Kampwirth, Sprecher des Internationalen WWF-Zentrums für Meeresschutz, meint dazu: "Im Versuch den Fischmarkt umzusteuern, müssen wir eine realistische Position einnehmen." So biete die Gottfried Friedrichs KG zwar bedrohte Fischarten an, doch gleichzeitig sei sie bemüht, gegen die Überfischung anzugehen. Die Firma sei sich der Tatsache bewusst, dass sie mit der Überfischung den Ast absäge, auf dem sie sitze. So trage, laut Kampwirth, mehr als die Hälfte der Friedrichs-Produkte mittlerweile das MSC-Siegel. "Die geben sich sehr viel Mühe. Und das ist das, was wir mit so einer Partnerschaft prämieren", sagt Kampwirth weiter.

Doch möglicherweise ist die Gottfried Friedrichs KG auch nur ein Meister des "Greenwashings", einer PR-Strategie, deren Ziel es ist, in der Öffentlichkeit ein möglichst umweltfreundliches und verantwortungsvolles Image zu erzeugen, und WWF hat sich für diese Zwecke instrumentalisieren lassen. Doch auch hier versucht Kampwirth, alle Skepsis aus dem Weg zu räumen. So habe die Gottfried Friedrichs KG im vergangenen Herbst ihren neuen Produkten den "WWF-Fischführer" beigelegt und sich damit selbst als Vertreiber problematischer Fischsorten geoutet. Rund 500.000 Fischführer seien auf diese Weise verteilt worden, so Kampwirth. Vom "Greenwashing" könne also überhaupt keine Rede sein.

Britta Hesener

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