Der Kanzler trank einen Kaffee mit dem Monarchen, scherzte über das Regenwetter in Riad und verabschiedete sich dann bald wieder. Dass Schröder überhaupt vom König empfangen wurde, war nicht selbstverständlich und bis zuletzt fraglich. Der 83-jährige Monarch ist schwer krank und lässt nur selten Gäste zu sich. Schon seit Jahren überlässt er die Regierungsgeschäfte dem kaum jüngeren Kronprinzen Abdullah. Bei dem war Schröder am Sonntagabend anschließend zu Gast. "Willkommen in meiner Hütte", begrüßte der Kronprinz seinen Gast aus Deutschland in einem riesigen Empfangssaal mit vergoldetem Stuck und prachtvollen Teppichen. Schröder kannte den Kronprinzenpalast bereits. Vor nicht einmal 18 Monaten war er zum ersten Mal dort. Damals besuchte er als erster Bundeskanzler seit 20 Jahren Saudi-Arabien und versprach zum Abschluss, öfter zu kommen.
Deklariertes Wirtschaftsinteresse
Die Gründe für das Interesse an häufigeren Kontakten auch auf höchster Ebene liegen auf der Hand. Saudi-Arabien ist das größte und mächtigste Land auf der arabischen Halbinsel. Die strategische Bedeutung der Region mit ihrer Nähe zu Irak, Iran und Nahost hat in den vergangenen Jahren weiter zugenommen. Hinzu kommt das wirtschaftliche Interesse an einem Land, in dem ein Viertel der weltweiten Ölreserven lagern. "Es ist ein Land mit ungeheueren Möglichkeiten", sagte der Kanzler nach seinem Gespräch mit Abdullah. "Auch mit ungeheuren Mitteln", fügte er dann noch hinzu und erklärte, er wolle in Saudi-Arabien auch für Investitionen in Deutschland werben. Vor allem Projekte in Ostdeutschland hat der Kanzler dabei im Blick.
Die Entwicklung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit bezeichnete Schröder zwar als positiv, räumte aber ein, dass sich dies noch nicht ausreichend in den Handelszahlen niederschlage. Saudi-Arabien wurde 2003 als wichtigster Handelspartner der deutschen Wirtschaft in der Golfregion von den Vereinigten Arabischen Emiraten abgelöst. "Die deutsche Wirtschaft hat sich nach starkem Engagement in den letzten Jahrzehnten von Saudi-Arabien zurückgezogen", hieß es in einem vor vier Wochen veröffentlichten Bericht der deutschen Botschaft in Riad. Es reisten kaum noch Wirtschaftsdelegationen an, auch der direkte Kontakt zwischen Firmen habe abgenommen. Als Gründe würden unter anderem die allgemeine Sicherheitslage, mangelnde Rechtssicherheit und die Konzentration von Unternehmen auf die neuen EU-Mitglieder angeführt.
Bei einer Rede vor Wirtschaftsvertretern in der Industrie- und Handelskammer von Riad wies Schröder darauf hin, dass er vor allem im Infrastrukturbereich große Chancen für die deutsche Wirtschaft in Saudi-Arabien sehe.
Auch Demokratisierung war Thema
Die wirtschaftlichen Reformen der Regierung in Riad lobte der Kanzler. "Ich kann Sie nur ermuntern, auf diesem Weg weiter zu gehen." In allgemeiner Form sprach Schröder bei seinem Gespräch mit Abdullah auch ein anderes Reformthema an: Die Demokratisierung des Landes. Vor drei Wochen fanden im Großraum Riad die ersten Kommunalwahlen seit mehr als 30 Jahren statt, bei denen allerdings nur die Hälfte der Sitze eines Stadtparlaments besetzt wurden. Frauen durften ihre Stimme nicht abgeben. Schröder unterstützte den Reformprozess zwar. Gleichzeitig sprach er aber von "sicher vorsichtigen" Schritten, die "uns allen nicht weit genug" gingen.