Schweiz Das Ende einer Ära

Mit Ausnahme des Vatikans, Taiwans und der West-Sahara sind alle Staaten dieser Welt bei der UNO vertreten. Seit September 2002 gehört nun auch die Schweiz dazu. 1986 lehnten noch 76 Prozent der Schweizer einen Betritt ab.

"Mischt Euch nicht in fremde Händel", so hatte der Schweizer Nationalheilige Niklaus von der Flüe schon 1481 seine Miteidgenossen gewarnt. Zwar dauerte es noch eine Weile, bis sich die Eidgenossen endgültig aus den europäischen Streitereien heraushielten und etwa ab dem ausgehenden 17. Jahrhundert neutral wurden und "stille saßen", wie alte Quellen das nennen. In den Augen vieler, vor allem älterer Schweizer war die Neutralität ein entscheidender Faktor für Freiheit und Wohlstand des Alpenlandes.

Würde die Schweiz nun der UNO beitreten, dann wäre diese Neutralität in Gefahr. Das ist zumindest die These der Isolationisten, die gegen einen UNO-Beitritt waren, ebenso wie sie auch einen Beitritt zur Europäischen Union (EU) vehement ablehnen. Doch sie sollten - wenn auch knapp - unterliegen. In einer Volkabstimmung hatte sich die Schweizer Bevölkerung im März mit einer Mehrheit von 55 gegen 44 Prozent für einen UNO-Beitritt ausgesprochen. Die ebenfalls notwendige Mehrheit der Kantone fiel mit zwölf gegen elf allerdings denkbar knapp aus.

Bereits die zweite Abstimmung

Es war bereits die zweite Volksabstimmung über den UNO-Beitritt. 1986 lehnten 76 Prozent der Schweizer Wähler einen solchen Schritt ab. Inzwischen sind mit Ausnahme des Vatikans, des Spezialfalls Taiwan und der West-Sahara alle Staaten dieser Welt in der internationalen Organisation vertreten.

Alle Parteien und Wirtschaftsverbände bis auf die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) hatten sich für den Beitritt ausgesprochen. Die Beitrittsgegner unter Führung des Industriellen und SVP-Politikers Christoph Blocher sahen Unabhängigkeit und Neutralität in Gefahr, wenn die Schweiz UNO-Beschlüsse über Sanktionen übernehmen oder sich gar an militärischen Interventionen beteiligen müsste.

Die Befürworter des Beitritts, allen voran der Schweizer Außenminister Joseph Deiss, erklärten, die Schweiz dürfe weltpolitisch nicht länger abseits stehen. Wo es möglich sei, solle die Schweiz versuchen, den Wandel dieser Welt mitzugestalten. Ansonsten werde sie politisch marginalisiert. Die Neutralität werde durch den Beitritt nicht gefährdet. Das habe auch ein Gemeinschaftsgutachten von mehr als 50 Schweizer Professoren ergeben. Im UNO-Beitrittsgesuch hat die Regierung in Bern den Neutralitätsvorbehalt ausdrücklich vermerkt.

Stärker mit der UNO verbunden als manch anderer Staat

Obwohl seit Gründung der Organisation nicht Mitglied, ist die Schweiz stärker mit der UNO verbunden als wahrscheinlich manch anderer Staat der Welt. Die UNO hat ihren europäischen Sitz im früheren Völkerbundsgebäude in Genf und ist dort ein wichtiger Wirtschafts- und Arbeitsplatzfaktor. Außerdem zahlt die Schweiz jedes Jahr 500 Millionen Franken (rund 339 Millionen Euro) an verschiedene UNO-Unterorganisationen. Viele UNO-Beschlüsse wie etwa Sanktionen gegen Irak trägt die Schweiz freiwillig mit. Sie könnte es sich in der Sanktionenfrage auch gar nicht leisten, aus der Reihe der westlichen Staaten auszuscheren, so Wirtschaftsminister Pascal Couchepin.

Albert Schmieder