Trump of the Week
Was der Mueller-Report uns über Trump und die Russlandaffäre verrät – und wie es weitergeht
Nach knapp zwei Jahren der Ermittlungen liegen Robert Muellers Untersuchungsergebnisse nun endlich der Öffentlichkeit vor. Die alles entscheidende Frage: Hat Russland sich in den US-Wahlkampf eingemischt und steckt Trumps Kampagnenteam mit ihnen unter einer Decke?
So einfach wie Justizminister William Barr es Ende März hatte dastehen lassen, ist es nicht.
Wir schauen uns die Erkenntnisse genauer an und fragen: Was bedeutet der Bericht für Donald Trump? Kann er ihm doch noch das Genick brechen?
FBI-Sonderermittler Robert Mueller und sein Team stellen im Bericht fest:
Russland hat mit diversen Taktiken in den US-Wahlkampf interveniert – das ist also eine Tatsache. Trump kann von nun an nicht mehr das Gegenteil behaupten, auch, wenn es seine Wahl und Präsidentschaft in ein anderes Licht rückt.
Hätte Trump die Wahl ohne Russlands Manipulationen gewonnen? Diese Frage bleibt natürlich offen. Stellt die Tatsache, dass Russland US-Wähler bewusst manipuliert hat, Trumps Präsidentschaft wirklich infrage? Ich finde nicht. Immerhin war es eine freie, demokratische Wahl, die Trump am Ende des Tages gewann. Die Wähler sind zwar teilweise von russischen Aktionen manipuliert oder beeinflusst worden, aber Donald Trump hat viele US-Bürger mit seinem Pathos und "Make America Great Again"-Tiraden schlicht überzeugt.
Die womöglich lustigste Erkenntnis – wenn Humor in Fällen von Landesverrat überhaupt vorkommen darf: Trumps Wahlkampf-Mitarbeiter wollten Russlands Hilfe – waren aber zu unfähig, um das zu realisieren.
Mueller listet Beispiel nach Bespiel auf, wie Trumps Team immer wieder die Kontaktaufnahme versucht hat. Fast jedes Mal scheitert es dabei an Inkompetenz. Namen werden verwechselt, Tippfehler in Mailadressen verhindern, dass Nachrichten überhaupt ankommen. Und das Schärfste: Trumps Team wusste offenbar nicht einmal, dass ihr Vorgehen illegal ist.
Übrigens: "No Collusion" ist kein Freispruch für Trump.
Collusion bedeutet so viel wie geheime Absprachen. Im Mueller-Bericht steht, dass die Beweise für eine Verschwörung zwischen Trumps Wahlkampfteam und Russland nicht ausreichend sind, um ein Verbrechen nachzuweisen. Doch das heißt nicht, dass es an Hinweisen mangelt. Denn: "nicht ausreichend" und " nicht existent" sind zwei sehr verschiedene Dinge.
Trump versucht sich ständig und immer wieder von der angeblichen "Collusion" zu distanzieren. Das ist schlau, weil Collusion in den USA kein Verbrechen ist. Robert Mueller macht das in seinem Bericht deutlich: "We applied the framework of conspiracy law, not the concept of 'collusion'."
Neben der Russland-Affäre sollte Robert Mueller auch untersuchen, ob Donald Trump versucht hat, die Justiz zu behindern. Das Stichwort: "Obstruction of Justice."
Das Ergebnis: Versucht, ja. Ist es ihm gelungen? Offensichtlich nicht. Ich habe den Mueller-Report hier in meinen Händen. Die Ergebnisse sind keine "totale Entlastung". Das schreibt Mueller: "If we had confidence that the President clearly did not commit obstruction of justice, we would so state."
Wenn die Ermittler belegen könnten, dass der US-Präsident die Justiz nicht behindert hätte, würden sie das schreiben – haben sie aber nicht. Denn Trump wollte sich vor dem Recht drücken. Allerdings machten seine Untergeordneten da nicht mit und verweigerten seine Anordnungen.
Ich sage es noch mal: Robert Mueller hat bewiesen, Donald Trump wollte die Justiz behindern, aber alle seine Untergebenen wollten das Gesetz nicht brechen und ihren eigenen Arsch riskieren. Hätte sich Cory Lewanwdoski, James Comey, Don McGhan oder ein anderer darauf eingelassen, hätte Trump jetzt ein Verfahren am Hals.
Wie geht es jetzt weiter?
Viele Teile des Berichts wurden vom Justizminister William Barr geschwärzt. Möglicherweise dringen pikante Details aus Muellers Bericht auf andere Art und Weise an die Öffentlichkeit. Außerdem hat Robert Mueller 14 Fälle an diverse Staatsanwaltschaften in anderen Bundesstaaten weitergegeben. Zum Beispiel befasst sich ein Gericht in New York nun mit Trumps Ex-Wahlkampfmanager Paul Manafort. 12 von diesen sogenannten "Referrals" sind noch geheim. Es bleibt also spannend.
Und natürlich spielt der Kongress auch eine Rolle. Denn seit den Midterm-Wahlen haben die Demokraten hier mehr Macht, Trump in Bedrängnis zu bringen. Robert Mueller schreibt in seinem Bericht:
"The conclusion that Congress may apply the obstruction laws to the President’s corrupt excercise of the power of office accords with our constitutional system of checks and balances and the principle that no person is above the law."
Kein Mensch steht über dem Gesetz. Manch einer interpretiert den Satz als eine Art Staffelstabübergabe an die US-Abgeordneten im Kongress.
Trump sollte sich also nicht zu früh freuen.
Was wir allerdings nicht vergessen dürfen: Wahrscheinlich werden sich nur wenige Trump-Anhänger von Muellers Bericht umstimmen lassen. Einige Demokraten fordern immer noch ein Amtsenthebungsverfahren. Doch das würde meiner Meinung nach die Polarisierung im Land weiter verstärken.
Die bittere Wahrheit: Ja, der Mueller-Report gibt uns einen detaillierten Einblick in Trumps Wahlkampf und beschreibt das außergewöhnliche Ausmaß der russischen Einmischung im Hinblick auf die Präsidentschaftswahl im Jahr 2016. Aber es hat auch keine Bombe gezündet. Es gibt tatsächlich keinen eindeutigen Beweis für Verrat.
Wenn die Demokraten – oder Amerikaner allgemein – Donald Trump aus dem Weißen Haus haben wollen, müssen sie das an der Wahlurne entscheiden.
Fest steht: Trump ist einzigartig in seiner Fähigkeit, Skandale zu überwinden. Das wird er wohl weiter tun. Er kann nur politisch besiegt werden – und die Welt kann darauf hoffen, dass irgendjemand es hinbekommt.