Angela Merkel Die vier Krisenherde der Kanzlerin und die K-Frage

Macht sie es oder macht sie es nicht? Die Partei drängt Angela Merkel zu einer vierten Kanzlerkandidatur, doch noch will sie sich nicht festlegen. Auf jeden Fall warten auf den nächsten Regierungschef auch in den kommenden Jahren Riesenprobleme.

Führende CDU-Politiker haben sich für eine erneute Kanzlerkandidatur Angela Merkels starkgemacht. "Ich halte es für richtig, dass Angela Merkel wieder als Kanzlerkandidatin antritt", sagte Hessens Ministerpräsident und CDU-Vize Volker Bouffier der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ). Ähnlich äußerte sich die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, die Mitglied im Präsidium der Bundes-CDU ist. "Ich bin für eine weitere Legislaturperiode, weil Angela Merkel die Richtige ist", sagte sie der "FAZ".

Der nordrhein-westfälische CDU-Landesvorsitzende Armin Laschet, der ebenfalls einer von insgesamt fünf Parteivizes ist, betonte gegenüber der Zeitung: "Deutschland ist heute wirtschaftlich und politisch der Hort der Stabilität in Europa. Damit dies so bleibt, sollte Angela Merkel auch nach 2017 Bundeskanzlerin sein."

Angela Merkel hält sich (noch) bedeckt

Am Sonntagabend hatte Merkel im ARD-Sommerinterview erneut eine Festlegung vermieden. "Ich sage es zum gegebenen Zeitpunkt", so die Bundeskanzlerin. Merkel wies zugleich darauf hin, sie habe sich nie festgelegt, wann sie sich in dieser Sache äußern wolle.

Sollte Merkel erneut für die Union antreten und die Wahl im September 2017 gewinnen, stünde ihre vierte Amtszeit als Regierungschefin an. Und es dürfte eine besonders herausfordernde werden, denn hinter der 62-Jährigen liegt eine Legislaturperiode voller Krisen und internationaler Konflikte, die Deutschland und Europa auch in den kommenden Jahren beschäftigen werden. Ein Überblick:

1. Die Flüchtlingskrise:

Die durch den Bürgerkrieg in Syrien maßgeblich ausgelöste Flüchtlingskrise ist wohl das wichtigste Thema in Merkels dritter Amtszeit. Für die Aufnahme hunderttausender Menschen in Deutschland 2015 und für ihre Aussage "Wir schaffen das" erntete sie einerseits viel Lob aus dem Ausland. Die CDU-Vorsitzende zog aber zugleich massive Kritik auf sich - auch aus den eigenen Reihen.

Die zuvor von guten Umfragewerten verwöhnte Kanzlerin sah sich großer Skepsis in Teilen der Bevölkerung gegenüber und musste den Aufstieg der rechtspopulistischen AfD hinnehmen. Ereignisse wie die sexuellen Übergriffe in der Kölner Silvesternacht durch Zuwanderer und die von Flüchtlingen begangenen Anschläge von Würzburg und Ansbach ließen viele Menschen an Merkels Linie zweifeln.

2. Die Euro-Krise:

Die Flüchtlingskrise verdrängte in der öffentlichen Aufmerksamkeit die Sorgen um die Schuldenberge in Europa, die desaströse Lage Griechenlands und die im europäischen Bankensystem schlummernden Gefahren. Diese Themen beschäftigten Merkel und ihren Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bereits in der vorangegangenen Legislaturperiode intensiv - und trotz zahlreicher von Europa getroffenen Vorsichtsmaßnahmen sind weitere Erschütterungen nicht ausgeschlossen. Griechenland erhält inzwischen Hilfsgelder aus dem dritten internationalen Milliardenprogramm. Ob das Land dann wieder auf eigenen Füßen stehen kann, ist ungewiss.

3. Die Krise Europas:

In vielen Ländern sind Populisten und EU-Gegner im Aufwind, viele Bürger Europas wenden sich von dem Gemeinschaftsprojekt ab. Kritiker werfen Merkel je nach politischer Couleur wahlweise vor, Europa mit der von Deutschland vertretenen Sparpolitik oder mit den Hilfszahlungen an angeschlagene Euro-Länder an den Rand des Abgrunds getrieben zu haben. Ihre Aussage, diese Politik sei "alternativlos", empfanden Gegner der Kanzlerin als undemokratisch. Einen schweren Schock erlitt Europa durch das Votum der Briten für einen EU-Austritt.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick

Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!

4. Die Krisen in der Nachbarschaft:

Europa erlebt in seiner Nachbarschaft eine anhaltende Phase der Instabilität, wie sie viele nach Ende des Kalten Krieges nicht mehr für möglich gehalten hatten. Der Konflikt mit Russland um die Ostukraine und die russische Annexion der Krim zogen europäische Sanktionen gegen Moskau, einen Ausschluss des Landes aus dem Kreis der großen Industrienationen (jetzt G7) und eine umstrittene stärkere militärische Nato-Präsenz im Baltikum nach sich.

Merkel bemühte sich in zahllosen Telefonaten und bei persönlichen Besuchen um Vermittlung zwischen Moskau und Kiew, das Abkommen von Minsk brachte jedoch keinen dauerhaften Frieden.

Der Konflikt mit Moskau behindert nach Ansicht vieler auch die Suche nach einer Friedenslösung für den Bürgerkrieg in Syrien, da Moskau Machthaber Baschar al-Assad unterstützt. Der im März 2011 begonnene Konflikt führte letztlich auch zu dem von Merkel massiv unterstützten EU-Abkommen mit der Türkei über die Rücknahme von Flüchtlingen.

Kritiker werfen der Kanzlerin vor, Europa dadurch erpressbar gemacht zu haben. Merkel muss seitdem gegenüber dem schwierigen Partner Türkei einen Balanceakt vollbringen. Deutlich wurde dies unter anderem angesichts des drastischen Vorgehens der türkischen Regierung gegen angebliche Gegner nach dem gescheiterten Putschversuch im Juli 2016.

joe/AFP