Herr Rüttgers, Sie argumentieren wie Oskar Lafontaine: Sie widersprechen der Behauptung, Steuern und Löhne seien zu hoch, der Arbeitsmarkt sei zu unflexibel und die Mitbestimmung ein Hindernis. Das ist ein großer Sprung nach links.
Es geht nicht um links oder rechts, sondern um richtig oder falsch. Und richtig ist: Wir haben einen stabilen Aufschwung, und das - trotz aller Unkenrufe - obwohl wir unseren Kündigungsschutz nicht geschleift haben, obwohl wir nach wie vor ein hohes Maß an Mitbestimmung haben und trotz beachtlicher Lohnsteigerungen. Reformen müssen auch in Zukumft sein, aber die CDU als Volkspartei der Mitte muss die Leute mitnehmen, wenn sie unter dem Druck der Globalisierung unser Land zukunftsfest machen will.
Sie haben schon einmal Lebenslügen der CDU gegeißelt - und sind dafür in Ihrer Partei abgestraft worden. Warum klettern Sie erneut in den Boxring gegen die eigenen Leute?
Das tue ich nicht. Ich knüpfe an das an, was ich vor einem Jahr gesagt habe, und verbinde es mit einer Beschreibung dessen, was soziale Marktwirtschaft in einer globalen Welt leisten muss.
Kann man mit Sozialpolitik à la Rüttgers auf dem Weltmarkt bestehen?
Aber natürlich. Viele Leute warnen heute vor China. Manche Medien schreiben schon von der "gelben Gefahr". Abgesehen davon, dass das ziemlich rassistisch daherkommt - es ist barer Unsinn. Früher hieß es "die Amerikaner kommen", danach drohte der ökonomische Großangriff der Tigerstaaten. Bis vor Kurzem ging doch alles noch ehrfürchtig vor den angeblich unzähmbaren Gewalten der Globalisierung in die Knie. Heute fordert die Kanzlerin in China faire Wettbewerbsregeln. Wir müssen die Globalisierung gestalten, und ich bin sicher, dass wir bestehen werden.