Die Rolle der Polizei bei dem Übergriff eines Mobs auf indische Besucher des Stadtfestes der kleinen sächsischen Stadt Mügeln wird immer undurchsichtiger. Nach Angaben des Mügelner Bürgermeisters Gotthard Deuse war die Polizei offenbar vor rechtsextremistischen Plänen für das Fest gewarnt worden. Es sei angedeutet worden, dass es Probleme geben könnte, sagte Deuse am Montag dem Fernsehsender N24. Deuse sagte, er habe die Polizei über die Gerüchte informiert. Eine Sprecherin der Polizeidirektion Westsachsen in Leipzig, Ilka Peter, sagte: "Es gab Gerüchte über einen Überfall auf einen Jugendclub, und die kannten wir und sind denen auch nachgegangen, aber etwas Konkretes wussten wir nicht."
Streit im Festzelt
Insgesamt zwölf Menschen sind bei der Hetzjagd in der Nacht zum Sonntag verletzt worden. In einem Festzelt war es gegen halb eins in der Nacht aus bisher ungeklärten Gründen zu einer Rangelei zwischen einer Gruppe Einheimischer und acht ortsfremden Indern gekommen. "Der Streit eskalierte, das hat eine regelrechte Eigendynamik entwickelt", so Polizeisprecherin Peter. Es kam zu Handgreiflichkeiten, die Inder ergriffen die Flucht. Bis zu 50 zumeist jugendliche Deutsche hätten die Inder verfolgt. Als diese versuchten, in einem neben einer Pizzeria gelegenen Hauseingang Schutz zu suchen, traten die Verfolger zwei Eingangstüren ein.
Die Polizei, die auf dem Stadtfest nur mit vier Beamten präsent war, wurde der Situation zunächst nicht Herr. Rund 70 Polizeibeamte aus der gesamten Region mussten zusammengezogen werden, um die Auseinandersetzung zu beruhigen. Acht Inder und vier Deutsche wurden verletzt, ein Inder und ein Deutscher schwer. Der Deutsche konnte das Krankenhaus inzwischen wieder verlassen. Auch zwei Polizisten erlitten Verletzungen. Zwei 21 und 23 Jahre alte Jugendliche aus Mügeln waren zunächst festgenommen worden. Sie sind inzwischen wieder auf freiem Fuß.
Und die Zeugen schauten nur zu
Viele Festbesucher hatten den Überfall gesehen, ohne den Verfolgten zu helfen. Zeugen haben gehört, wie rechte Parolen gerufen wurden. "Ob die Schlägerei aber tatsächlich einen rechtsradikalen Hintergrund hatte, müssen die Ermittlungen ergeben", sagte Polizeisprecherin Peter. Zwar seien während der Auseinandersetzung "Ausländer raus!"-Rufe skandiert worden - aber ob von den Beteiligten selbst oder von Schaulustigen, konnte eine neu gebildete Ermittlungsgruppe noch nicht klären. Die Ermittlungen würden dadurch erschwert, dass einige der Inder über keinerlei Deutschkenntnisse verfügen, so Peter. Weitere Zeugen des Vorfalls werden gesucht.
Das Altstadtfest in Mügeln, das zum zwölften Mal stattfand, war von der Polizei im Vorfeld als unproblematisch eingestuft worden. "Dieses Fest galt immer als besonders ruhig", sagte Peter. Andere gleichzeitig stattfindende Veranstaltungen in der Region waren mit einem größeren Polizeiaufgebot bedacht worden. "Als das in Mügeln plötzlich losging, haben wir sofort alles, was wir an Leuten hatten, hingeschickt." Gerüchte, wonach Rechtsradikale im Internet eine Aktion für das Stadtfest angekündigt hatten, mochte Peter nicht kommentieren.
Unklar ist, warum die Polizei die Öffentlichkeit erst nach mehr als 20 Stunden über den brutalen Vorfall informierte. Man wolle das untersuchen, hieß es von Seiten der Polizei.