Saarland-Wahl SPD holt absolute Mehrheit an der Saar – Historisches Debakel für CDU – Nur drei Parteien im neuen Landtag

Anke Rehlinger, SPD mit Herz-Umrahmung
SPD-Spitzenkandidatin Anke Rehlinger kann nach dem Wahlsieg vom Sonntag künftig ohne Koalitionspartner regieren.
© Boris Rössler / DPA
Anke Rehlinger kann künftig mit absoluter Mehrheit im Saarland regieren. Die SPD holte am Sonntag einen Erdrutschsieg während die CDU ein historisches Debakel erlebte. Den Grünen fehlten nur wenige Stimmen zum Einzug in den Landtag.

Nach 23 Jahren gibt es im Saarland einen Wechsel an der Macht. Mit einem triumphalen Ergebnis löste die SPD bei der Landtagswahl am Sonntag die CDU als stärkste Partei ab. Neue Ministerpräsidentin wird die bisherige Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (45). Durch das knappe Scheitern der Grünen und der FDP an der Fünf-Prozent-Hürde kann sie mit einer absolten Mehrheit der Sitze künftig allein regieren. Der abgewählte CDU-Regierungschef Tobias Hans (44) deutete nach einem historischen Wahldebakel an der Saar seinen Rücktritt von der Spitze der Landes-CDU an.

Die erste Landtagswahl seit der Bundestagswahl vor einem halben Jahr war auch ein Stimmungstest für die neue Bundesregierung – mit schwachen Ergebnissen für die kleineren Koalitionspartner der Sozialdemokraten in Berlin. Sowohl Grüne als auch FDP scheiterten beim Versuch, in den Saarbrücker Landtag einzuziehen erneut – die Grünen laut Wahlleitung hauchdünn um nur 23 Stimmen.

Saar-CDU erzielt schlechtestes Ergebnis seit 67 Jahren

Laut dem vorläufigen Ergebnis kommt die SPD auf 43,5 Prozent. Sie legte gegenüber 2017 (29,6 Prozent) um 13,9 Prozentpunkte zu. Die CDU stürzt den Zahlen zufolge auf etwa 28,5 Prozent ab (2017: 40,7 Prozent) –- ihr schlechtestes Ergebnis im kleinsten deutschen Flächenland seit 67 Jahren. Den Hochrechnungen zufolge hat die SPD in Deutschlands kleinstem Landtag sogar eine knappe absolute Mehrheit. Sie lag bei 26 oder 27 von insgesamt 51 Mandaten.

Alle Rechenspielereien des Abends erledigten sich ganz zum Schluss, als mit dem Endergebnis das Aus von Grünen und FDP feststand. Rehlinger ließ während des Abends offen, ob sie eine Alleinregierung wagen will, wenn dies die Zahlen hergeben. Sie sagte im ZDF: "Stabilität ist für mich das Entscheidende bei der Regierungsbildung." Doch die kann sie nun aus eigener Kraft haben. Mit 29 von 51 Sitzen hat sie eine stabile Mehrheit im neuen Landtag, in dem nur noch drei Parteien sitzen.

Jubel bei der Saar-SPD
Siegerjubel bei der Saar-SPD. Anke Rehlinger wird die neue Regierungschefin werden.
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"Das Saarland hat Rot gewählt": SPD fährt deutlichen Wahlsieg ein – historische Pleite für die CDU

Grüne scheitern hauchdünn, die Linke krachend

Denn von den kleineren Parteien schaffte nur noch die AfD den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde. Mit 5,7 Prozent (2017: 6,2) zog sie trotz leichter Verluste sicher in den Landtag ein, wo sie mit drei Sitzen vertreten ist. Während die FDP praktisch den ganzen Abend über unter der Schwelle lag, scheiterten die Grünen erst im allerletzten Moment. Von rund sechs Prozent in den ersten Hochrechnungen rutschten sie letztlich mit 4,99502 Prozent im vorläufigen Endergebnis hauchdünn am Ziel vorbei. Das ist so knapp, dass es für die Grünen bis zur Feststellung des amtlichen Endergebnis noch spannend bleibt. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Mit Sicherheit nicht mehr dabei ist die Linke, die mit nur noch 2,5 (12,8) aus dem Landesparlament flog. Die Partei hatte sich an der Saar schwere Querelen geleistet - bis hin zum Austritt ihres Ex-Bundesvorsitzenden Oskar Lafontaine. Die Wahlbeteiligung lag mit etwa 63 Prozent niedriger als vor fünf Jahren. Damals waren es 69,7.

SPD Mit Anke Rehlinger vier Regierungschefinnen

Damit gelang der SPD-Bundesvize Rehlinger in ihrer Heimat im zweiten Anlauf der Sprung nach ganz oben. Die Juristin wird nun erste SPD-Regierungschefin in der Geschichte des Saarlands. Bundesweit stehen dann vier sozialdemokratische Frauen an der Spitze einer Landesregierung – so viele wie noch nie. Die anderen Parteien von Union über Grünen bis Linke haben nur männliche Regierungschefs. Für die Saar-SPD ist dies das beste Ergebnis seit der Jahrtausendwende.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Die Genossen bejubelten ihren Erfolg natürlich. "Das Saarland hat Rot gewählt", sagte Rehlinger. Der SPD-Bundesvorsitzende Lars Klingbeil sagte: "Das Comeback der SPD, das wir bei der Bundestagswahl erlebt haben, das ist nicht einmalig bei der Bundestagswahl gewesen, sondern wir gewinnen auch danach noch Wahlen." Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schrieb auf Twitter: "Die Saarländerinnen und Saarländer haben sich klar für einen Wechsel an der Spitze ihres Landes entschieden."

Die SPD hofft nun auf Rückenwind für die nächsten Wahlen in diesem Jahr: Im Mai wird in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen gewählt, später dann auch und Niedersachsen.

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Tobias Hans ohne Unterstützung der Bundes-CDU

Ministerpräsident Hans kündigte derweil "persönliche Konsequenzen" an. "Das ist wirklich eine sehr bittere Niederlage für die Christdemokraten an der Saar". Es sei der CDU nicht gelungen, die wichtigen Themen in den Vordergrund zu stellen. Die CDU hatte in Saarbrücken seit fast 23 Jahren ohne Unterbrechung die Regierungschefin oder den Regierungschef gestellt. Hans war allerdings zum ersten Mal Spitzenkandidat seiner Partei. Hans kündigte eine Entscheidung über seinen Rücktritt vom CDU-Landesvorsitz für Montag an. "Es war mir eine Ehre, diesem Land gedient zu haben als Ministerpräsident und eine Ehre, euch als Parteivorsitzender gedient zu haben", sagte er vor Parteifreunden.  

CDU-Generalsekretär Mario Czaja bezeichnete den Absturz seiner Partei als "bitteren Abend" und "schmerzhaftes Ergebnis." Der neue Bundesvorsitzende Friedrich Merz äußerte sich zunächst nicht. Ihm war schon vor der Wahl mangelnde Unterstützung im Wahlkampf vorgeworfen worden. Darauf am Wahlabend angesprochen wollte Hans darauf nicht eingehen, wies den Vorwurf aber auch nicht zurück.

DPA
dho