Es ist der 28. Februar, als sich Elena Manighetti und Ryan Osborne von Lanzarote aus aufmachen, mit ihrem elf Meter langen Segelschiff den Atlantik zu überqueren. Das Coronavirus ist zu diesem Zeitpunkt eine Meldung von vielen. In Deutschland gibt es deutlich weniger als einhundert Covid-19-Fälle. Noch sprechen Experten von einer Epidemie.
Einen Monat später, am 25. März, erreicht das Paar die karibische Insel Bequia. Sie wissen nicht, was in den vergangenen Tagen passiert ist. Sie haben keine Ahnung, dass die Welt, wie die beiden sie kennen, nicht mehr existiert. Erst als sich Manighetti und Osborne mobile Daten kaufen und ihre Handys mit dem Internet verbinden, erfahren sie, was geschehen ist: "Es war so, als sei man aus dem Koma aufgewacht", erzählt Ryan der britischen Zeitung "Guardian". "Man konnte sich kaum vorstellen, wie groß das Ausmaß war."
Gerade für Osbornes Frau Manighetti waren die Meldungen ein Schock. Sie kommt ursprünglich aus der Lombardei. Ausgerechnet der Region in Italien, die es mit am härtesten getroffen hat. Aus Panik rief sie deshalb ihren Vater an. Der sagte ihr, dass sie sich beruhigen solle. Es gehe ihm gut "Als ich die Bilder der Militärlastwagen mit den Leichen vor dem Friedhof in meiner Heimatstadt sah, war ich fassungslos", berichtet Manighetti.
Seit 2017 reist das Paar auf einem Segelboot um die Welt
Das Paar, beide Anfang 30, segelt seit 2017 um die Welt. Weil sie sich damals in ihrer Heimatstadt Manchester kein Haus leisten können, entscheiden sie sich ein Boot zu kaufen – und die Welt zu bereisen. Seitdem leben Manighetti und Osborne von ihren Aufträgen als Werbetexter und Grafikdesigner und dokumentieren ihr Leben auf ihrem Youtube-Kanal "Sailing Kittiwake".
Während ihren Reisen haben sie nur wenig Kontakt mit ihren Freunden und Verwandten. Zwar können sie Mithilfe eines Satellitengeräts 160-Zeichen-Nachrichten empfangen, allerdings baten sie alle darum, keine schlechten zu senden. "Es ist durchaus üblich, dass Segler keine schlechten Nachrichten wollen", erklärt Manighetti. "Wenn man sich auf einer Überquerung des Ozeans befindet, kann man absolut nichts dagegen tun."
"Es ist eine sehr surreale Erfahrung"
Dass etwas nicht stimme, hatten sie sich bereits gedacht. Ein Bekannter schickte dem Paar zwei Tage vor ihrer Ankunft eine Liste aller Inseln, die ihre Grenzen geschlossen hatten. "Da begannen wir schon, uns Sorgen zu machen", erzählt Osborne. "Wir fürchteten zum Zeitpunkt unser Ankunft, nirgendwo mehr anlegen zu können."

Doch der Brite und die Italienerin hatten Glück im Unglück. Sie konnten in Bequia an Land gehen. Nun sitzt das Paar auf der Insel fest, wie Manighetti sagt. "Es ist eine sehr surreale Erfahrung, an einem Ort zu sein, an dem sich alles fast normal anfühlt, während die Nachrichten einem sagen, dass die Welt geschlossen ist." Beide hoffen nun – wie so viele – auf eine schnelle Rückkehr zur Normalität.