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Appelle der Behörden verhallen Ansturm auf Skigebiete trotz Corona ungebremst – Winterberg macht dicht

Polizei sperrt Zufahrt zu Skigebieten in Winterberg
Alles dicht: Die Polizei hat die Skigebiete in Winterberg und im Sauerland wegen zu großen Andrangs abgeriegelt.
© Henning Kaiser / DPA
"Was an 'Bleiben Sie zuhause!' verstehen die Leute nicht?" Das mag sich mancher Polizist im Sauerland fragen. Trotz Corona-Beschränkungen gab es einen riesigen Ansturm auf die Skigebiete. Diese mussten nun abgeriegelt werden.

Trotz eines weitreichenden Betretungsverbots sind auch am Sonntag wieder zahllose Tagesausflügler nach Winterberg im verschneiten Sauerland gefahren. Die Polizei riegelte daraufhin wichtige Zufahrtsstraßen ab. Es komme jetzt praktisch niemand mehr rein, sagte eine Sprecherin der Stadt Winterberg, die zur Unterstützung der Polizei Sicherheitsdienste einsetzte.

"Wir haben gestern Abend noch ein Betretungsverbot ausgesprochen, aber die Leute sind trotzdem wieder hierhergekommen", berichtete die Stadt-Sprecherin. Jetzt würden sie aber hoffentlich umdrehen und zurückfahren. Winterberg hatte bereits in den vergangenen Tagen unter Hinweis auf die Ansteckungsgefahr mit Corona und den Lockdown immer wieder darum gebeten, auf den Ski- und Rodelspaß zu verzichten. Alle Appelle verhallten jedoch weitgehend ungehört.

Winterberg: Polizei beschimpft und bespuckt

Schlimmer noch: Etliche Ausflügler ließen es offenbar am Benehmen fehlen. Ein Reporter des TV-Senders n-tv berichtete, einige hätten angesichts aufgrund des Lockdowns geschlossener öffentlicher Toiletten ihre Notdurft in Vorgärten verrichtet. Polizei und Ordnungsbehörden teilten mit, Beamte seien bei Kontrollen zur Einhaltung der Corona-Auflagen vereinzelt beschimpft und bespuckt worden. In zwei Fällen seien Strafanzeige gestellt worden.

Seit dem 30. Dezember gelte auf den Pisten und den dazugehörigen Parkplätze eine erweiterte Maskenpflicht. Dies gelte auch für den Kahlen Asten, so die Polizei. Wegen des großen Andrangs seien die Einhaltung der Coronaschutzverordnung und die Maskenpflicht nur mit einem Großeinsatz zu kontrollieren. Auch in den Städten Sundern und Schmallenberg wurden die Zufahrten zu den Skigebieten gesperrt.

Lockdown: Toiletten zu, keine Retter vor Ort

Laut einer Tagesbilanz stellten die Ordnungskräfte am Samstag 94 Verstöße gegen die Corona-Kontaktbeschränkung und 176 Verstöße gegen die Maskenpflicht fest. Verstöße gab es auch gegen das Alkoholverbot in der Öffentlichkeit sowie gegen die Bestimmung, dass gekaufte Speisen erst ab einem Abstand von mindestens 50 Metern von der Verkaufsstelle gegessen werden dürfen. Um einen weiteren Ansturm zu verhindern, gilt für zahlreiche Pisten inklusive der Parkplätze im Hochsauerlandkreis ein Betretungsverbot bis mindestens 10. Januar ausgesprochen. Die Verbote würden konsequent durchgesetzt, hieß es.

Die Betreiber der Wintersport-Arena und des Skiliftkarussells in Winterberg weisen auf ihren Internetseiten darauf hin, dass es darum für Ausflügler keine Toiletten und keine Möglichkeiten zum Aufwärmen gibt - und dass keine Retter vor Ort sind. "Wir lieben unsere Berge", heißt es auch. "Aber in diesen Zeiten müssen wir diese Liebe ruhen lassen, denn der Ansturm führt zu Stau und Massenaufläufen. Verstopfte Straßen, fehlende Parkplätze und viele potenzielle Kontakte. Wer will das schon?" Doch offenbar machten sich viele Ausflügler solche Gedanken nicht.

Harz: "Wir haben hier Chaos hoch drei"

Nicht viel anders sah es in anderen Wintersportgebieten Deutschlands aus. "Wir haben hier Chaos hoch drei, es bricht alles zusammen", sagte ein Sprecher der Polizeiinspektion Goslar bereits am Samstag. Auf Rodelbergen wie der Hexenritt-Abfahrt am Wurmberg tummelten sich die Massen, auch auf Wanderwegen liefen Ausflügler dicht an dicht. Und entgegen allen Mahnungen und Berichten machten sich auch am Sonntag wieder etliche Menschen auf den Weg in den Harz oder auch zum Großen Feldberg in Hessen. Polizei und Ordnungsbehörden schrieben Anzeigen wegen zahlreicher Verstöße gegen Corona-Maßnahmen wie Maskenpflicht und Kontaktbeschränkungen.

Auch in den bayerischen Alpen suchten Tausende Menschen Abwechslung. "Der Ansturm ist enorm", sagte der Bürgermeister von Schliersee, Franz Schnitzenbaumer. Hunderte Schlittenfahrer tummelten sich selbst auf kleinen Hügeln und die Skipisten bevölkerten Tourengeher. Im Großraum München lebten drei Millionen Menschen, die alle nicht in den Urlaub fahren dürften - das sei nun zu spüren. "Es ist genauso voll, als wenn Skibetrieb wäre", sagte der Geschäftsführer der Alpenbahnen Spitzingsee, Peter Lorenz. Die Parkplätze seien voll. Viele nutzten den zugefrorenen See zum Langlaufen oder Schlittschuhlaufen.

Verlängerung des Lockdowns praktisch schon sicher

Experten befürchten, dass durch den großen Andrang in den Wintersportgebieten die Corona-Infektionszahlen nicht zurückgehen oder sogar steigen werden. Angeblich sind die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder schon einig darüber, den aktuellen Lockdown über den 10. Januar hinaus zu verlängern. Am kommenden Dienstag, 5. Januar, beraten die Länderchefs mit Bundeskanzlerin Angela Merkel über das weitere Vorgehen gegen die Corona-Pandemie.

dho DPA

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