Schon bevor das Neun-Euro-Ticket zum Verkauf stand, war die Sorge auf Sylt groß: Gastronomen, Geschäftsinhaber und Bewohner der Nordseeinsel fürchteten, dass der günstige Nahverkehr zu einem riesigen Besucheransturm führen würde. Prompt kündigten einige Punks an, die Insel unsicher machen zu wollen. Und tatsächlich: Nach fast einem Monat Neun-Euro-Ticket herrscht auf Sylt Ausnahmezustand.
Die Unzufriedenheit ist vor allem bei denen groß, für die Sylt nicht nur ein Urlaubsort, sondern ihr Zuhause ist. Bei einer Einwohnerfragestunde im Rahmen einer Hauptausschusssitzung in Westerland verliehen vor allem Geschäftsleute ihrem Ärger Ausdruck. Der Hauptausschuss der Gemeinde Sylt hat deshalb neue Maßnahmen beschlossen, um der chaotischen Lage auf der Insel wieder Herr zu werden.
Sylt: Ein Sicherheitsdienst soll für Ordnung sorgen
So sollen laut "Hamburger Abendblatt" mobile Toiletten für die Punks und Obdachlosen aufgestellt werden. Zwischen 13 Uhr und ein Uhr nachts soll ein Sicherheitsdienst in der Innenstadt patrouillieren. Bisher sollten Stadtlotsen, die ursprünglich für die Überwachung der Corona-Maßnahmen zuständig waren, für Sicherheit sorgen. Diese waren damit aber merklich überfordert. Schließlich plant die Gemeinde, einen Streetworker einzustellen, der auf der Straße mit den Besuchern das Gespräch suchen soll.
Besonders kritisch ist die Lage um die "Dicke Wilhelmine" herum: Am Brunnen in der Innenstadt sammeln sich die Punks und Obdachlosen – und bringen die Betreiber der umliegenden Geschäfte zur Verzweiflung. "Sie campieren überall", zitiert das "Hamburger Abendblatt" eine Händlerin, die nach eigener Aussage "täglich" ungebetene Gäste im Eingang ihres Geschäfts wecken muss.
"Mythos im Meer" – das alte Sylt mal ganz privat

Bürgermeister hofft auf Hilfe aus Kiel
Vorherige Maßnahmen haben nicht die erhoffte Entspannung gebracht. Vor einem Durchgang von der Wilhelmstraße wurden Betonblöcke aufeinandergestapelt, um zu verhindern, dass die Neun-Euro-Ticket-Gäste ständig dorthin urinieren. Nun scheint das Problem zwar gelöst zu sein, allerdings beschweren sich die Betreiber der Geschäfte, dass dadurch die Wege zu ihren Läden zumindest auf einer Seite versperrt seien. So bleibe ein Teil der Kundschaft aus. "Wir sind mit unserem Latein am Ende. Wir können alle so kein Geld verdienen", sagte ein Händler.

Ob die neuen Maßnahmen Früchte tragen, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. "Die Lage in der Innenstadt und am Strand ist dynamisch – wir passen unsere vielfältigen Maßnahmen stets der aktuellen Situation an", erklärte Bürgermeister Nikolas Häckel. "Ordnungsamt, Sicherheitsdienst und Polizei sind präsent und schöpfen ihren jeweiligen rechtlichen Rahmen aus – das ist nicht immer einfach, da die rechtlichen Anforderungen an ordnungsbehördliche Maßnahmen oft sehr hoch sind."
Ein Alkoholverbot etwa lässt sich rechtlich nicht umsetzen. Bürgermeister Häckel hat bereits Hilfe bei der schleswig-holsteinischen Landesregierung in Kiel angefordert, wartet aber noch auf eine Antwort. Einstweilen sehnt man auf Sylt den 31. August herbei. Dann endet das Neun-Euro-Ticket.