Slowenien Europas Bonsai

Ein kleines Land will nach Europa. Wer Slowenien durchstreift, trifft im Landesinnern kleine Städtchen im Halbschlaf der Geschichte, kann mediterranen Flair an der Küste genießen und in der Hauptstadt feiern, bis nur der Sprung ins Wasser helfen kann.

Der geduckte Raum riecht wie eine riesige Speckseite. Voller Qualm und scharf geräuchert. Nach wenigen Minuten tränen die Augen. Kohlrabenschwarz schlucken Decken und Wände gierig das wenige Licht, das verschreckt durch das dunkelbraun verharzte Glas der Funzel dringt. Nur nirgends anecken, Jahrhunderte langer Qualm hat den Raum zentimeterdick mit einer schweren Schicht von Ruß betupft.

"Schwarze Küche" - ein Raum mit offener Feuerstelle aber ohne Rauchabzug - dafür mit Kohlenstoffbezug. Wen wundert es noch, dass in jedem Dörfchen in Slowenien eine Statur des Heiligen Florian steht. Ein merkwürdiger Heiliger, gar nicht tatkräftig, wie er mit zum Himmel gerichteten Blick nachlässig ein Feuer löscht. So dunkel die Wände, so weiß die Blusen der Gastgeberinnen, die einen mit traditionellen Gerichten gemäß der "Slow Food" Bewegung bewirten. Die Stube wurde schmuck und sauber in dem Museumshaus originalgetreu herrichtet. Alte Gläser, Tongeschirr und bunte Heiligenbildchen, so wie es in den Dreißigern ausgesehen haben mag. Schinken, Käse und Gürkchen von den Höfen ringsum. Und Schmorfleisch, in Töpfen, auf Schalen, in rauen Mengen.

Deftige Genüsse

Für leichte Kost ist Slowenien nicht berühmt, wer hier einkehrt, sollte Süßspeisen, Quarktaschen und das Schwein in allen Varianten in sein Herz schließen. Das Essen ist in allem reichhaltig. In der deftig-bäuerlichen Küche blieb bis heute die wechselhafte Geschichte des kleinen Landes erhalten. Zu den Spezialitäten zählen Njoki - eine Variante der österreichischen Nockerln - und die Buchweizenspeise Zganci. Slowenien wurden von vielen Völkern beeinflusst: von den mächtigen Römer und den stolzen Venezianer, von Byzantiner, Franken, Bayern, und Habsburger.

Ein kleines Land, voll großer Wälder. Hier fühlt sich wohl, wer in Österreich der verlorenen gegangenen Ursprünglichkeit nachtrauert. Ein wenig so, wie es in Kärnten in den sechziger Jahren gewesen sein mag.

Unter Linden sitzen die Männer bei Wein und Bier in uralten Gasthöfen. Auf eine große Tradition können sie zurückblicken. Manche Städte waren stolze Bischofsitze, in anderen errichteten die Römer Befestigungen, um die strategischen Flussübergänge zu sichern. Nur langsam tauchen Orte wie Kamnik aus dem Dunkel der Geschichte aus, fast als wollten sie die Zeit zwischen dem Untergang der k.u.k Monarchie und dem Eintritt in die EU im Märchenschlaf verbringen. Für die Stadtbilder war dieses Abseits der Geschichte in jedem Fall ein Vorteil. Geschlossene alte Stadtkerne, zum größten Teil liebevoll restauriert, laden zum Bummel ein. In einem Teil der Geschäfte bleichen Anzüge in sozialistischer Kunstfaser vor sich hin, im Fenster nebenan sind Mix Sixtie und G-Star Raw bereits angekommen.

Kontakt

Slowenisches Fremdenverkehrsamt
Maximilianplatz 12a
80333 München
Tel.: 089/29161202
Fax: 089/29161273
www.slowenien-touristik.de

Lebenslustige Küste

Ganz anders die Küste. Vom Himmel aus ist sie fast zu übersehen, nur von einem Zugang zum Meer mag man sprechen und doch leuchtet die Adria hier genau so verführerisch wie in Dalmatien. Hat man die Städte und Wälder des Landes kennen gelernt, wird man in Piran über die mediterrane Leichtigkeit der Menschen, der Gebäude und der Speisen staunen. Weit über dem kleinen Hafen wellt sich die mittelalterliche Festungsmauer - umrankt von Kakteen, Palmen und Bougainvilleen. Venedigs mächtiger Arm reichte über die Adria hinweg bis hierher. Man lehnte sich an. Und heute glühen die Rücken der venezianischen Löwen auch in Slowenien so heiß in der Sonne, dass man sich die Hände an ihnen verbrennen kann.

Erst 1797 kamen die Habsburger. Sie schütteten das alten Hafenbecken zu, so bekam das enge Städtchen den großzügigen Tartini-Platz im Zentrum. Das schönste Haus ist auch das romatischste. Die Palazzi leuchten ochsenblutrot in der Abendsonne. "Benecanka" (Venezianerin) heißt der Auffälligste. Ein Mann aus Venedig erbaute ihn für seine Geliebte. Über den Dorfklatsch setzte er sich mit den Worten "lasst sie doch reden" hinweg. Bis heute stehen die Worte an der Fassade.

Ist das Landesinnere angesehen von der Hauptstadt ländlich und bodenständig, so wie es sich ein Trekkingurlauber nur wünschen kann, so sind die Menschen an der Küste - wie überall im ehemaligen Jugoslawien - ein anderer leichtlebigerer Schlag. Studenten, junge Paare und Segler bevölkern die Restaurants unter freiem Himmel. Trotz des historischen Pflasters konkurrieren die Mädchen darum, wer die höchsten Absätze trägt. Die Bewohner der Küste wollen das Leben genießen. Man kann sich treiben lassen, von Café zu Bar. Und abends, wenn die Sonnenstrahlen den Wein im Glas färben und die Adria violett leuchtet, verzaubert die kleine Stadt am Meer ihre Gäste und Bewohner, dann, wenn der Kopf nicht mehr ganz klar ist und die Laternen Wasser und Gassen in ihr mildes Licht tauchen.

Von den Argonauten zur Party-Metropole

Überschäumend auch die Hauptstadt Ljubljana, die "Geliebte", sie sprüht vor Energie. In der Altstadt wimmeln Künstler und Studenten, jeder bleibt hier in Sichtweite. Wie das Land so klein, so übersichtlich ist Ljubljana. Rechnet man die Plattenbauten hinweg, dann ist die Metropole in zehn Minuten zu Fuß zu durchqueren. Dafür reicht die Geschichte weit zurück, angeblich sollen schon die Argonauten mit dem Goldenen Vlies hier vorbeigekommen sein. Das Stadtbild wird vom Wasser der Ljubljanicaaa durchschnitten, kunstvolle Terrassen und Brücken fassen den Fluss ein, erbaut von Joze Plecnik, dem berühmten Architekten. Am Markt verkaufen Bauern prachtvolles Gemüse und scharf gebrannten Schnaps. Frische Veilchensträuße trägt man für den Tag. Unterhalb des Marktes und der schönen Blumenverkäuferin haben die Fischhändler ihre Stände. Stolz breiten sie die Schätze des Meeres aus. Warum nur haben wir nicht solche genussvollen Märkte? In Ljubljana wird flaniert und parliert, gern trinkt man den frischen Wein.

Am Abend wird dann weiter gefeiert, Ljubljana ist eine Stadt der Jungen. Seit Easy-Jet tanz- und trinkwütigen Briten einfliegt, geht es am Wochenende noch hemmungsloser zu. Die Einheimischen verstehen, dass Urlaub und Feiern auch mal derber ausfallen und dass man sich nur mit einem kollektiven Sprung in den Fluss von einem allzu schweren Kopf befreien kann.

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