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Hermanus in Südafrika Wo Wale vor der Haustür schwimmen

Die Kleinstadt Hermanus gilt als Welthauptstadt der Whale-Watcher. Nirgendwo kommt man den Meeressäugern so nahe: Man kann sie beim Luftholen nicht nur von Booten und vom Ufer aus beobachten.
Von Elke Naters

Manchmal, dann ist es ganz still und der Wind weht landeinwärts, höre ich nachts die Wale blasen. Das Geräusch klingt genau so, als ob ein Taucher Luft durch seinen Schnorchel auspustete, nur sehr viel lauter. Wenn ich mich am Morgen auf der Veranda auf die Zehenspitzen stelle, sehe ich sogar das Meer - den blaugraugrünen Atlantik, der bei trübem Wetter mit dem Himmel verschmilzt.

Wir leben in Hermanus an der Walküste . Sie heißt so, weil jedes Jahr ab Juni, Juli die Südlichen Glatt- und Buckelwale aus der Antarktis hierherkommen, um sich zu paaren und Kinder zu gebären. Bis zum Dezember bleiben sie. Schwangere Walmütter bringen eine Hebamme mit, die die Babys an die Wasseroberfläche trägt, damit sie ihren ersten Luftzug tun.

Von Berlin nach Hermanus

Fünf Minuten von meiner Gartentüre entfernt liegt der Klippenpfad, auf dem ich über zehn Kilometer an der Küste entlangspazieren und die Giganten beobachten kann. Manchmal dümpeln sie nur wenige Meter entfernt im Wasser, ab und zu heben sie den Kopf und blasen eine silbrige Fontäne in die würzige Luft. Manchmal taucht auch eine Flosse auf oder eine Fluke, und wenn man Glück hat, springt ein Wal in die Luft und landet mit einem gewaltigen Platsch wieder im Wasser.

Vor elf Jahren sah unser Leben ganz anders aus. Mein Mann, der Schriftsteller Sven Lager, und ich, unsere Tochter und unser Sohn, damals Kleinkinder, lebten in Berlin-Mitte. Um uns herum lärmende Baustellen, dazu der graue Winter - wir sehnten uns nach Licht, nach Sonne, Wärme und freundlichen Menschen. Zu unserer Überraschung landeten wir in Südafrika. Die Weite und Schönheit der Landschaft ergriff unser Herz.

Manche Bilder sind dort auf ewig eingraviert. Etwa das, wie wir über die Dünen mit Blick auf die Lagune von Kleinmond an der Walküste entlangwanderten. Ein Schwarm Flamingos stand einbeinig im Wasser, dahinter verblassten die grünen Berge im Dunst, auf der anderen Seite versank die Sonne im Meer, und wir dachten: Hier wollen wir leben. Für eine Weile zumindest. Aus den geplanten zwei Jahren wurden neun, die Liebe und Begeisterung sind bis heute geblieben. Nicht nur für das Land, auch für die Menschen.

Adrette Einfamilienhäuser und Townships

So, wie man in Berlin vor dem Mauerfall am Checkpoint Charlie in eine andere Dimension geriet, so fährt man in Hermanus nur um ein paar Ecken ins Township und erlebt eine exotische Welt. Die Straßen voller Menschen, Frauen, die ihre Einkäufe auf dem Kopf nach Hause balancieren, Obst- und Gemüsestände, spielende Kinder, kichernde Mädchen, die auf ihren Handys tippen, smarte junge Männer in Anzügen und karierten Hüten - ein Zeichen dafür, dass sie ihre Beschneidung im Busch hinter sich gebracht haben und jetzt Männer sind. Holzhütten und kleine Steinhäuser, Hühner, die im Schmutz scharren, und Hunde, die faul im Staub dösen. Jenseits des Townships unterscheidet sich unsere Stadt mit ihren adretten Einfamilienhäusern nur wenig von einem Münchner Vorort. Aber was uns von Anfang an beeindruckte, waren die Vielfalt der Menschen und ihre teils abenteuerlichen Lebensläufe.

Mr. Botha, der Süßigkeitenverkäufer in der Grundschule, der in einem kleinen Häuschen neben dem Rugbyfeld Schaumbälle, Cola, Chips und Esspapier verkauft, war früher einmal Lehrer, dann Söldner im Kongo, später Maisfarmer in Simbabwe. Er hatte bereits dreimal im Leben alles verloren und wieder von vorne begonnen. Keine Versicherung ersetzte ihm, was er verloren hatte. Keine Rente sichert ihm das Alter. Er lebt nun mit seiner Frau auf dem Land, züchtet Papageien und schnitzt Schmuck aus alten Autoreifen, den er neben Heilkräutern am Samstag auf dem Markt verkauft. Fängt Mr. Botha einmal an zu reden, hört er so schnell nicht wieder auf. Was man aber nie von ihm hört, ist Gejammer. Jeder Verlust, sagt er, war eine Gelegenheit, etwas neu und besser zu machen.

Alles, was Südafrika zu bieten hat

Wir leben, denke ich oft, an einem der schönsten Orte auf der ganzen Welt. Im Süden das Meer, auf der anderen Seite die grünen Hügel. Im Fernkloof-Naturpark etwa winden sich schmale Pfade durch den Fynbos, so heißt die buschartige Vegetation des Westkaps aus Erikagewächsen, Schmetterlingsblütlern und Proteen jeder Art. Durch die laue Luft surren Singvögel wie der Kaphonigfresser, schwarze Schmetterlinge flattern vor uns her. Nach einer halben Stunde steilen Aufstiegs ist der Damm erreicht. Das Trinkwasserreservoir ist eingeschlossen von grün bewachsenen Felswänden mit herrlich kaltem Wasser, braun gefärbt vom Tannin des Fynbos.

Übernommen aus:

Geo Saison, Heft Januar 2014, ab sofort für 6 Euro am Kiosk. Hier finden Sie auch den vollständigen Artikel und den ausführlichen Serviceteil.

Die meisten Freunde aus Deutschland, die bei uns Halt machen, fahren anschließend noch die legendäre Garden Route entlang, die von der Küste bei Hermanus zum Ostkap führt - und in den Addo Elephant Park, den berühmten Elefanten-Nationalpark nordöstlich von Port Elizabeth. Sie brechen schweren Herzens auf, weil ihnen unsere neue Heimat so gut gefällt. Und wenn sie zurückkommen, sagen sie meist: "Das war alles ganz toll, aber bei euch ist es am schönsten."

Das Geheimnis der Anziehungskraft des Westkaps? In einem Radius von 200 Kilometern rund um Kapstadt sehen und erleben Urlauber alles, was Südafrika zu bieten hat. Wüste, Meer, Weite, Wein, Berge, Höhlen, wilde Tiere. Sogar den "Big Five" können sie in privaten Game Reserves begegnen - Elefanten, Löwen, Nashörnern, Leoparden und Büffeln.

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