Der Blick nach unten ist schwindelerregend. Die gelben Taxis sind auf Stecknadelkopfgröße geschrumpft, wuseln durch tiefe Häuserschluchten. Der eisige Wind pfeift an den Erkern entlang. Doch wer aus dem 52. Stock des Four Seasons hinab auf New York blickt, spürt hinter den hohen Fensterscheiben den Wind nicht und braucht kein Taxi. Ihm steht ein Maybach oder wahlweise ein Rolls-Royce-Phantom zur Verfügung, mit Chauffeur versteht sich. Aber das darf man in der teuersten Suite der Welt wohl auch erwarten.
400 Quadratmeter, neun Zimmer, bodentiefe Fenster, was in diesen Dimensionen 7,60 Meter heißt, und die Balkone schweben 213 Meter über den Straßen von Manhattan, mit Blick auf den Central Park. Nichts in dieser Suite ist von der Stange, jedes Möbelstück, jeder Bodenbelag ist extra für diese Räumlichkeit angefertigt. 50 Millionen US-Dollar investierte der Hotelbesitzer Ty Warner, sieben Jahre nahmen Planung und Bauzeit in Anspruch.
Ty Warner, der das Gebäude 1999 kaufte, erfüllte sich mit der Penthouse-Suite einen Herzenswunsch. Der 64-Jährige, der seine Milliarden mit plüschigen, putzigen Tieren namens "Beanie Babies" scheffelte, wollte eine einzigartige Suite, die seinen Namen trägt. Dafür holte er den Architekten des Gebäudes, I.M. Pei, aus dem Ruhestand. Kollege Peter Marino, unterstützte den heute 92-Jährigen. Pei, der die Glaspyramide des Louvre und den Ostflügel der National Gallery in Washington schuf, hatte das Haus entworfen. Erst seit 1993 ist die Four Seasons-Gruppe an der 57. Straße vertreten.
"Das da oben hat nichts mit der Finanzkrise zu tun"
Die Suite erstreckt sich über die gesamte Fläche des obersten Stockwerks. Sie soll nicht wie ein Hotelzimmer, sondern wie ein Appartement eines Millionärs wirken. Allerdings: "Ein Millionär kann sich das nicht leisten", sagt Leslie Lefkowitz, PR-Managerin des Four Seasons New York. Zumal man zum Jahresanfang den Preis erhöht hat: 35.000 Dollar, statt 34.000 Dollar, also stolze 27.580 Euro. Pro Nacht! Wer meint, er könnte mit vielen Freunden für eine Nacht zusammenlegen, wird enttäuscht: Es gibt nur ein Schlafzimmer.
Und 35.000 Dollar reichen nicht für den Titel "teuerste Suite der Welt". Das President Wilson Hotel in Genf nimmt für seine Suite 39.000 Euro, das Martinez Hotel in Cannes 32.000 Euro - pro Nacht und in Genf ist das Frühstück noch nicht mal im Preis inbegriffen. Das Four Seasons betont zur Rechtfertigung, dass sie nie Rabatt gewähren oder die Suite auf keinen Fall für Werbeaufnahmen vermieten. Es gibt viele Häuser, die in Zeiten der Wirtschaftskrise kreativ um die Gunst der Reichen werben. Das Four Season New York will nicht dazugehören. "Das da oben hat nichts mit der Finanzkrise zu tun", sagt Christoph Schmidinger, der Generaldirektor.
Luxus all-inclusive
Und selbst wenn das Four Seasons nicht die teuerste Suite der Welt offerieren kann, so ist es doch die teuerste der USA, die höchste in New York und unerschwinglich für die meisten. Manche deutsche Familie würde sich freuen, wenn sie den Preis für eine Nacht in einem Jahr ausgeben könnte.
Für den Preis gibt es schlichtweg keine Rechtfertigung. Auch nicht, dass das Essen - und die Getränke - im "L'Atelier de Joel Robuchon" des gleichnamigen französischen Sternekochs - enthalten sind. Ebenso wie die vom Zimmerservice herbeigetragenen "Rasberry and Valrhona Chocolate Chunk Pancakes" für normalerweise 27 Dollar das Stück und weltweite Telefongespräche. Der Butler ist an 24 Stunden, sieben Tage die Woche, allgegenwärtig. Das ist all-inclusive auf dem Luxus-Level.
Im Wohn- und Essbereich sind die Wände mit Perlmuttplättchen dekoriert, Goldfäden glänzen im Baldachin über dem thailändischen Bett. Die Matratze dafür kommt aus Schweden, handgefertigt und 64.000 US-Dollar wert, das Waschbecken im Bad ist aus einem Bergkristall geschliffen. Dekadent, aber nicht protzig. Klare Linien, gedeckte Farben, wie im gesamten Hotel. Im eigenen Zen-Garten plätschert Wasser an der Wand hinunter. Ein Bösendorfer-Flügel steht in der Bibliothek bereit. Badewanne und Laufband sind direkt vor den Fenstern positioniert. Der Bewohner blickt auf die am anderen Ende von Manhattan stehende Freiheitsstatue herab.
21 Tage in der teuersten Suite
15 bis 20 Prozent Auslastung verzeichnete die Suite im vergangenen Jahr. "Die Suite haben wir nicht, um Rendite zu machen", sagt Schmidinger. Ein, zwei Mal im Monat wird sie gebucht. Aber im Dezember residierte ein Gast 21 Tage am Stück im 52. Stock. Er wäre auch länger geblieben, nur nötigte ihn ein tragischer Familienvorfall zur vorzeitigen Abreise.
Natürlich spürt das Four Seasons die Finanzkrise, auch wenn es nicht direkt an der Wallstreet liegt. 60 Prozent der Gäste kommen aus dem Ausland, der überwiegende Teil sind Geschäftsleute, und auch die sparen derzeit. Die Firmen buchen jetzt Zimmer statt Suiten und drei statt vier Tage. "Januar bis März sind immer die schwächeren Monate", sagt Leslie Lefkowitz, "aber in diesem Jahr läuft es langsamer." Langsamer, ein schönes Wort für "Buchungsrückgänge". Man gibt sich optimistisch. Erst recht seit Obama im Amt ist. Der schlief auch schon hier, allerdings zu seiner Senatoren-Zeit. Präsidenten müssen aus Sicherheitsgründen im Walldorf Astoria nächtigen - und eine Nacht in der 35.000-Dollar-Suite kann er sich von seinem mageren Präsidentengehalt gar nicht leisten.
Weitere Infos |
Anreise: Direktflüge gibt es von verschiedenen Fluggesellschaften ab Frankfurt, Berlin, Hamburg, Düsseldorf und München. Wer für die Suite sparen muss: Singapore Airlines bietet noch bis zum 18. Juni ein "Spring-Special" für 128 Euro (plus Steuern, Gebühren und Kerosinzuschlag, circa 230 Euro) ab Frankfurt an |
Unterkunft:Four Seasons Hotel New York, 57 East 57th Street, New York, 10022 USA; Zimmer ab 915 US-Dollar/Nacht, Suiten ab 2350 US-Dollar/Nacht, Ty-Warner-Penthouse 35.000 US-Dollar/Nacht |