Nie wieder... ...ins Flughafenhotel von Athen

Von Wolfgang Röhl
Muffige Bettensilos, teure Räuberhöhlen - Griechenlands Hoteliers sind keine Meister ihrer Zunft. Und wer gar am Flughafen ein Hotelbett braucht - gute Nacht!

Angenommen, die Hölle besäße einen Trakt speziell für Angehörige des Tourismusgewerbes, wer müsste darin schmoren? Ein Grüppchen steht ganz oben auf meiner Liste: Griechenlands Hoteliers.

Die haben es zu einer solchen Meisterschaft im Gästevergraulen gebracht, dass ausländische Reiseveranstalter wie lokale Agenturen darunter ächzen. Wenn Griechenland seit Jahr und Tag in der Urlaubergunst sinkt, liegt das auch an diesen Abzockern. Was sie - zu heftigen Preisen - bieten, sind oftmals bloß muffige Bettensilos mit der Patina der Siebziger. Auch das griechische Tourismusministerium ist darüber stocksauer. Doch mit hellenischen Neppern zu kämpfen scheint selbst den Göttern vergebens.

Die schlimmsten Räuberhöhlen stehen in Athen. Von den Abgreiforgien während der Olympischen Spiele 2004 - Zimmerpreise, die bis zu 700 Prozent höher als im Jahr davor lagen - hat sich die Hauptstadt nie ganz erholt. Obwohl, oder weil, die Auslastung der Hotels oft sehr zu wünschen übrig lässt, wird der Einzelgast erbarmungslos gemolken. Das macht aus Sicht der Hoteliers auch Sinn: Touris, die mit der Akropolis und der Hand voll hübscher Athener Museen durch sind, kommen freiwillig nie wieder in den lauten, abgasverseuchten Moloch.

Und weil der Ruf eh ruiniert ist, leistet sich sogar Sofitel, die Edelmarke des französischen Accor-Konzerns (sie betreibt so wunderbare Häuser wie das ehemalige Railway-Hotel im thailändischen Hua Hin), einen landestypischen Ableger in Athen. Es handelt sich dabei um das einzige Hotel am Eleftherios Venizelos Airport - eine Zumutung. Das Standardzimmer kostet zur Walk-in-Rate (der Preis, den zahlen muss, wer ohne Reservierung einfach reinmarschiert) mehr als 200 Euro. Über das Reisebüro ergatterte ich es für 180 Euro - Einzelbelegung. Frühstück war nicht drin, das hätte noch mal 25 Euro extra gekostet.

Tipp

Am Flughafen mit dem Holiday-Inn-Shuttlebus ins Holiday Inn Attica Avenue zwischen Airport und City fahren. Kostet pro Nacht nur 108 Euro pro DZ (Buchungstel.: 0800/1830477).

Dafür im Schnäppchenpreis inklusive: kein Gepäckträger, der sich von selber auf mich zu bewegte; kein Rezeptionist, der sich zu einem Willkommenslächeln durchrang. Selbstredend auch keine Frage nach etwaigen Wünschen, etwa den am Abend nahe liegenden nach einem Weckruf.

Ich wanderte durch die Flurschluchten, nach langer Anreise nur noch auf Bett geeicht. Das ist es ja, was Hotels vornehmlich offerieren, doch genau das erwies sich als schwierig. Die Magnetstreifenkarte für das Zimmerschloss aktivierte nur ein rotes Lichtlein, kein grünes. Runter zur Rezeption, vorbei an Tabletts mit faulenden Essensresten, die Gäste vor die Tür gestellt und Angestellte nicht abgeräumt hatten. "Ham wer gleich", signalisierte der Rezeptionist. Ja, denkste! Auch beim zweiten Versuch verteidigte sich das Schloss tapfer gegen Eindringlinge. Erneut der lange Marsch durch lange Flure.

Langsam wurde ich mit dem Hotel vertraut. Es war genauso jung wie der Flughafen, nämlich fünf Jahre. Aber die Teppichbeläge sahen aus, als stammten sie aus der frühen Antike. Auf meinem Flur mussten Vandalen mit Cola geduscht haben. In der Lobby-Bar, wo ich ein Bier trank und der (nunmehr von einem Spezialisten in Angriff genommenen) Öffnung meines Zimmers harrte, setzte sich die Fleckenorgie fort. Nach einer halben Stunde überbrachte man mir die erlösende Nachricht: Tür geöffnet! Auf die Idee, mich für die Warterei zum Bier einzuladen, verfiel keiner.

Ach, mit griechischen Hoteliers kann man nicht diskutieren. "Die reagieren nur, wenn sie eins auf den Deckel kriegen", sagt der Sprecher eines deutschen Veranstalters. Leider wird Griechenlands Deckel, die konkurrierende Türkei, dieses Jahr wegen der Vogelgrippe Gäste verlieren. Und ein Teil davon wandert zum Nachbarn im Westen ab. So werden sich unverdientermaßen auch Hellas' Schrotthotels wieder füllen. Das, werte Grippevögel, nehmen wir euch verdammt übel.

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