"Wir werden in den kommenden Tagen auf den meisten Märkten, vor allem in Deutschland, unsere Tarife substanziell reduzieren", sagte Nabil Sultan, Chef des Emirates-Europageschäfts, der Financial Times Deutschland. "Die niedrigeren Treibstoffpreise geben uns Spielraum dafür." Vor allem auf Strecken zwischen Europa und dem Nahen Osten sollen die Tarife sinken. Auf Verbindungen von Dubai nach Asien wirbt Emirates bereits seit einigen Tagen mit Sonderpreisen.
Sultans Ankündigung kommt für die großen europäischen Fluggesellschaften zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt. Während sich Lufthansa, Air France-KLM und andere auf die Folgen der Finanzkrise für ihr Geschäft einrichten und teils ihre Wachstumspläne zurückfahren, will Emirates die Schwächephase nutzen und expandieren.
Lufthansa wollte die Preispläne des arabischen Konkurrenten nicht kommentieren. Eine Sprecherin verwies aber darauf, dass der Konzern sein Angebot an Flügen nach Dubai zuletzt ausgeweitet habe. Preisabschläge seien wegen der guten Nachfrage auf dieser Verbindung nicht nötig.
In wirtschaftlich schwierigen Zeiten kann sich Emirates einen Preiskampf eher leisten als westliche Airlines: Der Carrier hat nicht den Druck der Börse, der zu strikterem Wirtschaften zwingt. Emirates gehört der Dubaier Herrscherfamilie Al Maktum, die auch Milliarden aus der Ölförderung einnimmt. Bei der Lufthansa, die auf Asienstrecken in harter Konkurrenz zu Emirates steht, werden deshalb regelmäßig Klagen über eine Verzerrung des Wettbewerbs laut. Das rasante Wachstum der Dubaier Airline sei nur dank der Investitionen aus dem Ölgeschäft möglich.
Kaum Auswirkungen der Finanzkrise
Emirates bestreitet einen Vorteil beim Kerosineinkauf. So begründet das Unternehmen die angekündigten Preissenkungen nun auch mit dem jüngsten Verfall des Ölpreises um rund 60 Prozent. Die Lufthansa hat auf den billigeren Treibstoff bisher nur mit einer leichten Senkung der Kerosinzuschläge reagiert.
Sultan zufolge hat die Finanzkrise auf Emirates bisher kaum negative Auswirkungen. "Unsere Sitzauslastung ist in den vergangenen Wochen nur um 1,5 bis 2 Prozentpunkte gesunken", sagte er. Er gehe davon aus, dass seine Gesellschaft im laufenden Jahr trotz Krise schwarze Zahlen schreibe. Anfang Oktober hatte das Unternehmen bereits mitgeteilt, die Kreditkrise beeinträchtige nicht die ehrgeizigen Wachstumspläne der Airline. "Wir haben keine Probleme mit unserer Flugzeugfinanzierung", hatte Emirates-Chef Scheich Ahmed Al Maktum gesagt. Die Fluggesellschaft erwartet in den nächsten sechs Jahren die Auslieferung von 191 neuen Großraumjets im Gesamtwert von rund 60 Milliarden Dollar - darunter allein 56 Airbus A380. Staatscarrier kommen an den internationalen Kreditmärkten meist zu besseren Konditionen an Fremdkapital als private Airlines, da hinter ihnen die Regierung steht.
Angesichts der starken Expansion von Emirates könnte der Konzern Prognosen der Beratungsfirma Boston Consulting zufolge schon in vier Jahren weltgrößter Anbieter von Langstreckenflügen sein. Die Wachstumsstrategie der Golfcarrier, zu denen auch Qatar Airways, Etihad Airways und Gulf Air gehören, ist simpel: Mit relativ günstigen Preisen und hochwertigem Service locken sie Umsteigepassagiere auf ihre Drehkreuze in Dubai, Abu Dhabi, Bahrain oder Katar, die derzeit für insgesamt 40 Milliarden Dollar ausgebaut werden. Sie nutzen damit die günstige geografische Lage der Arabischen Halbinsel, um Verkehr aus Europa abzuziehen. Ziel ist es, die Drehkreuze europäischer Fluglinien in Frankfurt, London und Paris als Zwischenstopps auf der Route von Asien nach Amerika abzulösen. Anders als etwa in Frankfurt dürfen Maschinen am Golf rund um die Uhr starten und landen.
In Deutschland stößt Emirates' aggressive Expansion auf Widerstand: Nachdem die Airline heute bereits Frankfurt, München, Düsseldorf und Hamburg anfliegt, will das Bundesverkehrsministerium ihr frühstens 2012 beziehungsweise 2016 Landungen in Berlin und Stuttgart gestatten. Bei Emirates wird geargwöhnt, dies gehe auf eine Intervention der Lufthansa zurück.