Die Joker Florian Wirtz und Patrik Schick haben Bayer Leverkusen im nasskalten Hexenkessel von Baku vor der ersten Niederlage im 35. Pflichtspiel der Saison bewahrt. Beim 2:2 (0:2) im Achtelfinal-Hinspiel der Europa League bei Karabach Agdam in Aserbaidschan retteten der Nationalspieler und Tscheche nach der mit Abstand schlechtesten Halbzeit der Saison noch das Unentschieden und damit doch eine gute Ausgangsposition für das Rückspiel am Donnerstag in Leverkusen.
Trainer Xabi Alonso hatte nach der langen Anreise in den Kaukasus mit Blick auf die Belastung der kommenden Wochen zahlreiche Stars geschont. Unter anderem hatten Granit Xhaka, Wirtz und Jeremie Frimpong zu Beginn auf der Bank gesessen. Agdam nutzte das durch Yassine Benzia (26.) und Juninho (45.+2) eiskalt aus. Der zwölf Minuten zuvor eingewechselte Wirtz verkürzte durch Leverkusens 100. Pflichtspiel-Tor der Saison (70.) – und Patrik Schick (90.+2) glich dann noch aus.
Gastgeber überraschten Bayer Leverkusen
Die alte, aber stimmungsvolle Arena in Baku, die einst Josef-Stalin-Stadion und dann Wladimir-Lenin-Stadion hieß, trägt inzwischen den Namen von Tofiq Bahramow. Also von jenem aserbaidschanischen Linienrichter, der beim WM-Finale 1966 den Ball hinter der Linie gesehen und somit das "Wembley-Tor" für England gegen Deutschland ermöglicht hatte. Etwa eine halbe Stunde vor dem Anpfiff hatte es begonnen, kräftig zu regnen. Zusammen mit dem starken, kalten Wind waren es ungemütliche Verhältnisse.
Die Gastgeber versuchten die Leverkusener direkt mit einer druckvollen und körperlichen Spielweise zu überraschen. Das gelang, die Werkself fand lange überhaupt nicht ins Spiel. Alonso missfiel das augenscheinlich. Der Spanier gestikulierte ungewöhnlich wild am Spielfeldrand herum.
Doch es wurde nicht besser. Ganz im Gegenteil. Zunächst hielt Matej Kovar, der wie in jedem Gruppenspiel Kapitän Lukas Hradecky im Tor vertrat, einen Schuss von Juninho stark mit einer Hand (24.), dann traf Marko Jankovic den Innenpfosten (25.) und wieder ein paar Sekunden später war es dann passiert, als Benzia den Ball aus zehn Metern unter die Latte schoss. Angesichts von 6:0 Torschüssen war die Führung für Agdam verdient und folgerichtig. Und in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit ließ sich Bayer dann auch noch auskontern, als Juninho Jonathan Tah ab der Mittellinie enteilte und Kovar ausspielte.
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Kommen wir direkt zur aktuellen Nummer eins. Bayer Leverkusen hat eine hoch talentierte Mannschaft, die den mit Abstand schönsten und erfolgreichsten Fußball der Hinrunde gespielt hat. Trainer Xabi Alonso verströmt Klasse und Weltläufigkeit (fast wie der Kaiser!) und selbstverständlich sind sie Titelkandidat. Und ja, wir alle, die wir nicht Bayern-Anhänger sind, würden es wie ein Erlösung nach langer Pein empfinden, wenn die Bayern ausnahmsweise nicht Meister werden, sondern "Vizekusen". Doch genau das ist das Problem: "Vizekusen". Der Begriff ist sogar als Wikipedia-Eintrag vorhanden und Gender-Anhänger würden in diesem Zusammenhang von "Sprache schafft Wirklichkeit" reden. Leider trifft das in diesem Zusammenhang zu. Der Name liegt wie ein Fluch über dem Team aus der Kölner Vorstadt, er ist Programm, quasi genetisch angelegt. Bayer wird den Lauf, den es hatte, nicht durchhalten, weil das kaum einem Team über eine ganze Saison gelingt. Hinzu kommt, dass mit Edmond Tapsoa und Odilon Kossounou die halbe Abwehr beim Afrika-Cup weilt. Und der starke Mittelstürmer Victor Boniface hat sich verletzt. Diese Faktoren könnten zu Problemen führen.
Alonso brachte zur Pause Frimpong, und als es nur bedingt besser wurde, in der 58. Minute auch noch Xhaka und Wirtz. Nun wurde es besser, und der Ex-Leverkusener Andrej Lunew musste gegen Edmond Tapsoba erstmals einen gefährlichen Schuss parieren (62.). Und als Wirtz einen Rückpass von Abdellah Zoubir abfing und den Ball über Lunew lupfte, war Leverkusen wieder im Spiel. Der ebenfalls eingewechselte Schick sorgte schließlich für das Remis.